Unerschrockener Warner vor den Nazis

Neue Broschüre beschäftigt sich mit dem 1940 im KZ Buchenwald ermordeten oö. Pfarrer Matthias Spanlang

Pfarrer Matthias Spanlang wurde von den Nazis 1938 verhaftet und ins Rieder Kreisgericht gebracht
Pfarrer Matthias Spanlang wurde von den Nazis 1938 verhaftet und ins Rieder Kreisgericht gebracht © Diözese Linz/Birngruber

„Er war ein Mann, der sich kein Blatt vor den Mund genommen hat und er zählte zu den Ersten, die vor den Nationalsozialisten gewarnt haben“, sagt Monika Würthinger. Das hat den oö. Priester Matthias Spanlang 1940 das Leben gekostet.

Die Historikerin und ehemalige Direktorin des Linzer Diözesanarchives setzt sich seit vielen Jahren mit dem Nazi-Opfer auseinander und präsentiert ihre neuesten Forschungsergebnisse nun im Heft „Matthias Spanlang. Christ und Märtyrer“ (www.behelfsdienst.at), das sie gemeinsam mit Thomas Schlager-Weidinger, Andreas Schmoller und Bernhard Zopf herausgegeben hat. Die Broschüre soll das Gedenken an Spanlang einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen.

Aufmüpfig, gesellig und sehr sozial

Als Sohn einer Bauernfamilie 1887 in Kallham geboren, kam Spanlang als Bub ins Linzer Petrinum. Von dort führte ihn sein Weg ans Linzer Priesterseminar. 1910 wurde er zum Priester geweiht und nahm dann verschiedene Kaplanposten wahr, ehe er im Ersten Weltkrieg Militärpfarrer wurde. 1925 wurde ihm die Pfarre St. Martin im Innkreis übertragen. Dort sollte er dauerhaft bleiben.

„Aufmüpfig, sehr gesellig und ein ausgesprochen guter Redner und Prediger“, so beschreibt Würthinger Spanlang im VOLKSBLATT-Gespräch. Während er sich mit der Obrigkeit, seinen Vorgesetzten in verschiedenen Pfarren immer wieder angelegt habe und deshalb häufig versetzt wurde, sei er bei der Bevölkerung äußerst beliebt gewesen. „Spanlang war ein politischer Mensch und setzte sich auch für sozial Schwache ein.“

Verhaftung gleich nach dem Anschluss

Schon als 1931 nationalsozialistische Stimmen laut wurden und bei der ersten NS-Versammlung in St. Martin das Nazi-Programm vorgestellt wurde, habe Spanlang sich vehement dagegen gewehrt, so Würthinger. „Damals gab es in der Rieder Volkszeitung die regelmäßige Rubrik ‚Aus dem Antiesentale‘, in dieser kritisierte Spanlang das Regime in Deutschland, Hitler und seine Gewehrsmänner.“ Damit sei er den Nazis schon früh ein Dorn im Auge gewesen. Und so zählte Spanlang zu den Ersten, die wenige Tage nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 verhaftet wurden. Eine Aufnahme zeigt ihn im Kreisgericht in Ried: „Sie wurde von den Nazis zu Propagandazwecken aufgenommen, die Spanlang wie eine Trophäe präsentierten“, berichtet Würthinger.

Am 24. Mai 1938 brachte man Spanlang als „Volksschädling“ ins KZ Dachau, von dort wurde er im September 1939 nach Buchenwald überstellt, wo ihn das gleiche grausame Schicksal ereilte wie seinen Tiroler Priesterkollegen Otto Neururer, dessen Seligsprechungsprozess mittlerweile läuft. Die beiden Priester sollen gemeinsam eine Konversion durchgeführt haben. Neururer und Spanlang wurden erwischt und kamen daraufhin in Einzelhaft im berüchtigten Bunker, den beide nicht mehr lebend verlassen sollten. „Von Neururer ist bekannt, dass man ihn kopfüber gekreuzigt und so lang hängen hat lassen, bis der Tod eingetreten ist. Ein ähnlich grausames Schicksal dürfte auch Spanlang ereilt haben“, sagt Würthinger. Dem Totenschein zufolge starb er am 5. Juni 1940. Die Urne wurde im Familiengrab in Kallham beigesetzt.

„Die Auseinandersetzung mit Spanlang war ein Anliegen von Bischof Manfred Scheuer und auch die Pfarre Kallham zeigte Interesse“, so Würthinger. Dabei waren für sie u.a. Volksgerichtsakten aufschlussreich, die, nachdem sie 50 Jahre unter Verschluss waren, nun im OÖ. Landesarchiv von der Historikerin studiert werden konnten. „Ich habe auf Akten und Fakten zurückgegriffen und konnte dadurch viel belegen, was über Spanlang erzählt wird.“ Würthinger hat aber auch einen persönlichen Bezug, stammt sie doch aus der Nachbargemeinde von St. Martin, aus Utzenaich, wo Spanlang von 1913 bis 1915 gewirkt hat. „Ich habe schon als Kind gewusst, dass Hitler Spanlang auf dem Gewissen hat. Nähere Umstände waren jedoch nicht bekannt.“ In St. Martin sei lange kaum über ihn gesprochen worden, weil sich manche nicht ganz unschuldig gefühlt hätten: „Es gab Gerüchte, dass aus dem KZ Dachau mehrfach Anfragen gekommen seien, ob man Spanlang wieder zurückhaben wolle. Die Nationalsozialisten im Ort sollen das abgelehnt haben“, sagt Würthinger. Am Dienstag stünde man der Auseinandersetzung mit der Geschichte sehr offen gegenüber. „In St Martin denkt man darüber nach, was man für Spanlang tun könnte.“ Der Broschüre über Spanlang wird nächstes Jahr ein Buch folgen, in dem Würthinger ihre Forschungsergebnisse ausführlich präsentiert. Spanlangs Botschaft „Wehret den Anfängen“, achtsam zu sein, besitze auch heute Gültigkeit.

Von Melanie Wagenhofer

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