US-Metalband Tool bot in Wien Überwältigung für alle Sinne

„Seid im Hier und Jetzt, seid verbunden.“ Die Anweisungen von Maynard James Keenan waren eindeutig: Jene 10.000 Menschen, die sich Montagabend zum Konzert seiner Band Tool in der Wiener Stadthalle eingefunden hatten, sollten Aufmerksamkeit und Konzentration aufbringen.

Gerne. Wenn mehr als zwei Stunden lang so eindrucksvoll zwischen fantastischen Visuals und mächtigen Metalsounds gesurft wird, ist das ein Leichtes.

Fast auf den Tag genau fünf Jahre sind seit dem letzten Gastspiel des US-Quartetts vergangen. Damals war die Aufregung groß, stand mit „Fear Inoculum“ doch nach 13-jähriger Wartezeit ein neues Album an. Wirklich viel verändert hat sich seitdem eigentlich nicht. Nach wie vor geht die sich konsequent vielen Regeln des Musikbusiness verwehrende Gruppe ihren eigenen Weg, etwa, was das beinharte Foto- und Filmverbot betrifft. Das Handy könne man sich sonst wohin schieben, ließ Keenan eingangs süffisant wissen.

Wer den heuer 60 Jahre alt gewordenen Exzentriker ablichten möchte, hätte es ohnedies schwer gehabt. Während Danny Carey zentral hinter seinem überdimensionalen Schlagzeugset thronte und Gitarrist Adam Jones sowie Bassist Justin Chancellor zumindest einigermaßen von Lichtkegeln erhellt wurden, war Keenan auf zwei leicht nach hinten verschobenen Podesten nur wie ein Schatten auszumachen. Kein Spot, so gut wie keine Interaktion mit Bandkollegen oder dem Publikum – dieser Mann war nur zum Singen, Schreien, Keuchen gekommen.

Aber das wusste die große Mehrheit in der diesmal komplett bestuhlten Halle ohnedies: Das pulsierende „Jambi“ gab den Opener für eine Show, die sich aus mäandernden Kompositionen und farbenprächtigen Projektionen zusammensetzte. Allen voran das Material vom jüngsten Album wie etwa die früh gesetzte Großtat „Pneuma“ (bei dem nur Keenans Stimme im Gesamtklang unterzugehen drohte) oder „Invincible“ wurden ungemein gekonnt in Szene gesetzt, wurde doch die Bühnenrückwand als gigantische Leinwand genutzt, auf der sich psychedelische Landschaften und gruselige Wesen austoben durften.

Ihre Anfänge würdigte die 1990 gegründete Band mit dem kantigen „Intolerance“, das in seiner geradlinigen Ausführung aber nur wie ein kurzes Luftholen wirkte. Nicht umsonst sind Tool bekannt dafür, ihre Lieder mit viel Raffinesse und mathematischer Präzision auszugestalten.

Beim Fanliebling „Schism“ kam kurz Mitsingstimmung auf, ist der Song von 2001 doch trotz seiner vielen Haken und Wendungen einer der nachvollziehbarsten im Oeuvre der Musiker. Aber schon das direkt danach gesetzte „The Grudge“ entführte wieder in dunkle Welten und verworrene Klänge, die sich über beinahe zehn Minuten hinweg in immer neue Höhen schraubten.

Letztlich wurde der Auftritt zu einem Paradebeispiel für akustische wie optische Überwältigung – und das trotz der minimalen Bewegung auf der Bühne, wo sich einzig Chancellor immer wieder in einen Rausch spielte und die Fans anstachelte. Ansonsten überließen Tool ganz ihren Songs das Feld, die mit Fortdauer ihrer Darbietung immer druckvoller aus den Boxen dröhnten – über mangelnde Lautstärke durfte sich wahrlich niemand beschweren.

Beim abschließenden „Stinkfist“ war dann auch Meister Keenan ganz offenbar zufrieden mit den Fans: „Ihr dürft jetzt eure Handys rausholen.“ Tausendfach blitzten die Displays auf, als somit die finalen fünf Minuten der Show ihren Weg auf die digitalen Speicher fanden. Wer’s braucht. Im Kopf werden diese Momente ohnehin deutlich länger nachhallen.

toolband.com

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