Verborgene Ideen von Feminismus

Francisco Carolinum zeigt Arbeiten der Slowakin Jana Zelibska

Der Spiegel wirft den Blick zurück: Das Wandgemälde ist Teil von Zelibskas Arbeit „Kandarya-Mahadeva“ (1969).
Der Spiegel wirft den Blick zurück: Das Wandgemälde ist Teil von Zelibskas Arbeit „Kandarya-Mahadeva“ (1969). © OÖ Landes-Kultur GmbH/Maritsch

Einmal mehr richtet das Linzer Francisco Carolinum einen wertvollen Blick auf feministische Kunst, konkret auf eine Künstlerin, deren umfangreiches Werk außerhalb ihrer Heimat bisher kaum Würdigung fand und das einen Eindruck davon gibt, wie sich feministische Strömungen individuell im ehemaligen Ostblock entwickelt haben.

Die Ausstellung „Discovery of Possibility“ (bis 17. September) ist die erste Einzelausstellung der heute 82-jährigen Jana Zelibska außerhalb der Slowakei und präsentiert Arbeiten aus mehr als fünfzig Jahren.

Selbstbewusste Weiblichkeit

Eine schwarze „Peep-Box“, wie Kurator Reinald Schumacher sie nennt, gibt im ersten Raum, der Arbeiten Zelibskas aus den 1960ern zeigt, über Gucklöcher den Blick frei auf nackte Frauenkörper. Beim visuellen Absuchen des Innenraumes trifft der eigene Blick unvermittelt auf zwei stechende Augen, die den Voyeurismus entlarven. Zelibska spielt mit ihm, kontrolliert ihn.

Ein Tryptichon interpretiert sie auf ihre eigene Weise, wenn darauf drei Pop-Art-Frauen mit nackten Körpern und bunten Blüten im Haar zu sehen sind. Oft kommen Alltagsmaterialien in ihrer Kunst zum Einsatz. Vorhänge vor Bildern lassen das Dahinter durchschimmern. Das weckt die Neugier und lässt auch den Humor nicht zu kurz kommen, wenn Zelibska ein verhangenes Bild mit einem „nackten“ Ohr mit „Striptease“ betitelt.

Fast berauschend die den gesamten Raum erfassende Arbeit „Kandarya-Mahadeva“ (1969) , die Bezug nimmt auf einen hinduistischen Tempel und Rituale aus dem Tantra — auf einer beleuchteten Säule und an den Wänden Silhouetten nackter Frauen, deren Schoß Spiegel verdecken, die den Blick des Betrachters zurückwerfen. Selbstbewusste Weiblichkeit, fröhlich, frech und verschmitzt und von einer rebellischen Künstlerin mit kritischen Gedanken zum Patriarchat — die jedoch stets von der Männerwelt respektiert worden sei, wie Lucia Gregorová Stach betont, die die Schau mit Schumacher und Nathalie Hoyos kuratiert hat. Ovale und Rauten ziehen sich durch Zelibskas Werk als Symbole für den Intimbereich und die Auseinandersetzung mit Körperlichkeit und Sexualität.

Sind Zelibskas Arbeiten zunächst in ihrer Heimat präsent, so verschwindet ihr Werk wie das vieler anderer Künstlerinnen und Künstler nach dem Prager Frühling 1968 aus dem offiziellen Leben. Sie verlegt sich in den 70ern und 80ern auf Happenings und performative Events in privaten Räumen, aber auch im Freien, die in der Ausstellung Fotos dokumentieren. So wird etwa im Grünen eine Art „Vermählung“ der Künstlerin mit der Natur zelebriert. Ein Flugzeug wirft weiße Bänder ab, mit denen die Teilnehmer Bäume schmücken.

Kleider mit freizügigen Öffnungen und Flicken an pikanten Stellen dokumentieren ein privates Happening. Die Entwürfe von Zelibska wurden von Besucherinnen und Modellen getragen, auch Schmuckstücke mit ähnlicher Symbolik hat sie gestaltet.

Materialien aus der Natur formt die Künstlerin später zu den typischen Ovalen und Rauten. Gras wird in den bevorzugten Formen ausgestochen und muss, so gebändigt, wachsen. Zwei Steinhaufen, jeweils ein goldener Stein an der Spitze, stehen für Brüste.

Spannende Entdeckung, die sich lohnt

Zelibska habe sich schon früh modernen Möglichkeiten geöffnet, so die Kuratoren, die auch eine Video-Arbeit für Linz ausgewählt haben, „Sisters II“ aus 1999, in der sich zwei junge Frauen einander fröhlich-schüchtern, aber durch den Film eben auch öffentlich nähern.

Außerhalb der Slowakei wurden Arbeiten von Jana Zelibska bisher nur auf der Biennale in Venedig 2017 gezeigt — die Schau in Linz bietet eine spannende Entdeckung, die sich lohnt.

Von Melanie Wagenhofer

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