Vergangenes und Denkbares aus weißem Gold

Kulturhauptstadt 2024: Sehenswerte Ausstellung im Alten Sudhaus Bad Ischl

Motoi Yamamotos Werk „Labyrinth“
Motoi Yamamotos Werk „Labyrinth“ © Moshammer

Das Salz machte die Kammer reich und zwar die kaiserliche. Kurator Gottfried Hattinger nutzt die kargen Räumlichkeiten im Alten Sudhaus in Bad Ischl nicht nur, um faszinierende zeitgenössische Kunstpositionen zu zeigen, sondern auch, um jenen eine Plattform zu geben, deren Arbeitskraft dem österreichischen Kaiserhaus zu Prunk verhalf.

Lebensgefährlicher Transport des weißen Goldes, das zuvor unter ebensolchen Bedingungen aus den Tiefen der Berge geholt wurde, gehörte zum Alltag der Arbeiter. Hattinger hat die Archive der Umgebung geplündert und stellt Fotografien und Modelle aus jenen Zeiten aus, die das Salzkammergut, das heuer die Europäische Kulturhauptstadt beherbergt, geformt haben.

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Die sehenswerte Ausstellung „sudhaus — Kunst mit Salz & Wasser“ ist künstlerischer Mittelpunkt der Kulturhauptstadt-Aktivitäten, geht es nach den Verantwortlichen, wäre eine kulturelle Nachnutzung der Räumlichkeiten, in denen einst Salz gekocht wurde, und die im Besitz der Salinen AG sind, sehr wünschenswert, aber noch nicht zugesagt, so Hattinger.

Gletscher-Kollaps als Touristen-Spektakel

Riesige Behälter voll Sole hängen unter der Decke, futuristisch und doch denkbar, weil unter bestimmten Bedingungen bereits im Einsatz. Lebendiges könnte darin eingelegt sein, Energie spenden diese Salzbatterien bereits — in nachhaltiger und schonender Manier. Die Künstlerin Christine Biehler treibt mit ihrer Skulptur „persalem“ eine einzelne Orgelpfeife an.

Töne schmelzender Gletscher verarbeitet zu einer bedrohlichen Komposition, der jämmerliche Anblick abgedeckter Eisflächen, die Zukunft ist nicht rosig. Mit einer besonders hässlichen Fratze unserer Zeit konfrontiert Anouk Kruithof, die in „Ice Cry Baby“ Touristen-Videos zeigt, die beim Anblick kollabierender Gletscher in Jubel ausbrechen, Spektakel über allem!

Innehalten ob der Perversität dieser touristischen Absurdität lässt sich dann im Angesicht von Motoi Yamamotos Werk „Labyrinth“. Der japanische Künstler hat auf rund 100 Quadratmetern in mühsamer Handarbeit (ein Video zeigt den Schaffensprozess) aus sechs Tonnen Salz ein Bild entstehen lassen, in der Ferne weiße Berge. In Japan steht das reinweiße Salz für Reinigung, verarbeitet hat der Künstler den Tod Nahestehender. Die Schönheit, die er aus Millionen Jahre altem Material abbildet, ist von Anfang an endlich. Dieser Gedanke lässt sich mitnehmen.

Von Mariella Moshammer