Draußen vor dem Schauspielhaus geht am Samstag, dem Premierentag, der Regen kontinuierlich nieder. Derweilen prasseln im voll besetzten Saal des Schauspielhauses lautstark Wortschwalle auf das Publikum nieder. Allen voran Theresa Palfi als Beatrice und Helmuth Häusler als Don Pedro rezitieren Shakespeare und Bösch im Stakkato.
Aber von Anfang an. Beginn der Schauspielsaison, die erste am Landestheater unter Neo-Chef David Bösch. Und dieser legt sich mit „Viel Lärm um nichts“ von William Shakespeare die Latte hoch. Freilich, dieses Stück hatte er – damals mit blutigem Ende – schon bei den Salzburger Festspielen einstudiert. Nun ist Linz das Messina, in dem das Werk des britischen Paradedichters ursprünglich spielt – wobei der Ort letztlich egal ist. Bei weitem mehr zählt die Handlung, die Liebe und Intrige sowie Krieg und Frieden in den Vordergrund stellt.
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Ein Narr in zerrissenem Gewand
Die inhaltliche Klammer wird von einem Narren in zerrissenem Gewand dargestellt, den David Bösch geschickt ins Werk geschrieben hat. Der Narr – dargestellt vom präsenten, stimmgewaltigen Christian Higer – führt durchs Stück, rezitiert und singt.
Shakespeare-Kenner und -Freunde werden sich zudem darüber freuen, dass Bösch in seiner Version immer wieder auf andere Shakespeare-Werke – mal subtil, mal weniger subtil – verweist: Hier reicht die Klammer von „Julius Caesar“ und „Antonius und Cleopatra“ über „Zwei Herren aus Verona“ und „Richard III“ bis zu „Hamlet“ und „Die lustigen Weiber von Windsor“.
Es wird viel gesungen
Generell wird viel gesungen – hauptsächlich Liebeslieder beispielsweise von Whitney Houston oder Mariah Carey, jeweils kurz angerissen und geschickt ins Stück eingeflochten. Mal mehr, mal weniger mit Inbrunst von den Ensemblemitgliedern vorgetragen und mal mehr, mal weniger stimmgewaltig und immer professionell musikalisch unterstützt; etwa mit Klavier, Ziehharmonika oder Kontrabass.
Die Holzbretterdrehbühne mit Laternenpfahl und Glühbirnenarrangements dient im Teil vor der Pause als stimmige Piazza im Italien der 1950er-Jahre. Dort laufen und tanzen die beherzt zu Werke gehenden Schauspielerinnen und Schauspieler, sie fahren Motorroller, streuen Konfetti oder tauchen ihren Kopf unter Wasser.
Die Leistung des Ensembles ist durch die Bank gut bis sehr gut. Julian Sigl mimt grandios den intriganten Don Juan; perfide unterstützt von Horst Heiss als Borachio. Daniel Klausner (Benedikt) und die schon genannte Theresa Palfi (Beatrice) agieren mit Verve; ähnliches gilt in abgeschwächter Form für Benedikt Steiner (Claudio) und die junge Vivian Micksch (Hero). Auch Lutz Zeidler (Leonato) und Katharina Hofmann (Margarethe) agieren während der rund zweieinviertel Stunden mit vollem Einsatz.
Ob des schwermütigen Endes bleibt von der Komödie letztlich nicht viel über. Vielmehr bleibt einem der Bissen der dreistöckigen, rosa Hochzeitstorte – diese bildet nach der Pause den Dreh- und Angelpunkt des Bühnenbilds – im Hals stecken.
Unterhaltsame Varietéshow, die Aufmerksamkeit erregt
Alles in allem ist diese moderne, generell sehr gut gelungene Interpretation eine durchaus unterhaltsame Varietéshow mit Musikuntermalung und Shakespeare-Querverweisen sowie ein aufmerksamkeiterregender Einstand von David Bösch.
Wer jedoch klassischen Shakespeare will, wird bei dieser Aufführung nicht fündig. Textlich kommt der Altmeister zu kurz und das Ende weicht vom Original doch deutlich ab; im Film sagt man dazu „Director´s Cut“.
Das Premierenpublikum dankte dem engagierten Ensemble jedenfalls mit langem, wohlwollendem Applaus. Den gab es übrigens auch in der auf 30 Minuten verlängerten Pause, die das Ensemble im Foyer zur Party samt Schwertkampf umfunktioniert hatte. Weitere Termine unter anderem am 18., 21., 27. September sowie am 11., 23. und 29. Oktober.
Von Oliver Koch