Was die Karosserie verbirgt

Wiedersehen: Höller & Öllinger in Turrinis „Rozznjogd“ im Phönix

Haben sichtlich Spaß daran,„Rozznjogd“ als szenischeLesung zu präsentieren:Ingrid Höller und Ferry Öllinger
Haben sichtlich Spaß daran,„Rozznjogd“ als szenischeLesung zu präsentieren:Ingrid Höller und Ferry Öllinger © Helmut Walter

„Host Aungst?“ — „Host du kane?“ Eine Müllhalde, er und sie im Auto. Zwei Menschen, die endlich die verdammten Verkleidungen und Verrenkungen hinter sich lassen wollen. Er aggressiv, unsicher, sie hin- und hergerissen von seinem Prolo-Charme.

Mit Autos kennt er sich aus, mit Menschen nicht so. Hinter der Karosserie, vermutet er, in den Menschen drinnen Unrat und Exkremente. Sie will weg, spielt dann bei der völligen Entblößung mit. Peter Turrinis „Rozznjogd“ am Freitag im Linzer Theater Phönix, ein Wiedersehen nach dreißig Jahren mit Ingrid Höller und Ferry Öllinger.

Das Phönix eröffnete 1989 in ebendieser Besetzung, nachdem das Stück schon zwei Jahre erfolgreich an der Spielstätte Leonding gelaufen war. Ein wuchtiger Klassiker (Uraufführung 1971), der noch immer ins Mark fährt. Der auch einer Gegenwart der geschönten Oberflächen und gespielter „Authentizität“ ans Bein pinkelt.

Gebhartls Bearbeitung wie ein perfekter Popsong

Höller und Öllinger haben sichtlich Spaß an der rohen Sprache, am Aufruhr des jungen Turrini. Gelächter und Verzweiflung, Sprüche für die Ewigkeit. „Mogst Chips zum Bier?“, „Schee bist ned“, „Gemma schmusn?“ Was zögerlich begann, mündet in körperlichen und SeelenStriptease. Öllinger schlüpft mit größter Hingabe in seine Rolle, bläht sich auf, ein Grobian, ein Zärtlicher auch? Er knallt gerne Ratten ab, ein Mann muss töten („vastehst?“). Höller ein tolles Mädchen mit abgebrühtem Humor, sie ist verletzlich und kann austeilen. Vergnügt sich mit der Puff’n, entlässt aus spitzem Mündchen ein staubtrockenes „Peng!“.

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Sie berauben sich ihrer Privatheit, vernichten unnützes Geld. Ein Fest der Verachtung, zwei Schüsse beenden nach einer knappen Stunde die Raserei. Die Gesellschaft, die so viel Nacktheit und Wahrheit nicht hinnehmen kann? Noch viel, viel länger hätte man diesem herrlichen Pärchen zuschauen und zuhören wollen. Andererseits: Harald Gebhartls Bearbeitung wie ein perfekter Popsong. Kurz und schmerzhaft, witzig und mitreißend. Wildes Getrampel der Lohn für eine szenische Lesung mit beachtlichem Körpereinsatz.

Bis 17. März / Karten: Tel. 0732/666500

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