Weg mit Helden, Platz für Perspektiven

Linzer Stadtmuseum Nordico zeigt hdgö-Schau „Heimat großer T*chter“

Die kleine, feine Schau im Stadtmuseum Nordico
Die kleine, feine Schau im Stadtmuseum Nordico © hdgö/Lorenz Paulus

Es war eine Zeit, in der die Telefonnummer des Bundeskanzlers noch im Telefonbuch stand. Es war aber auch eine Zeit, in der eine Frau nicht einfach einen Anruf tätigen konnte, um sich für einen Job zu bewerben. In den 1970ern war es nämlich Sache des Ehemannes, der Frau zu erlauben, berufstätig zu sein — oder eben nicht.

Wahrscheinlich ziemlich erbost über diese Tatsache griff Edith Traub damals also zum Hörer, wählte die Nummer von Bruno Kreisky und hatte den Kanzler auch prompt am Rohr. Dank ihr und anderer Aktivistinnen änderte sich die Lage, ab 1975 galten Ehepartner vor dem Gesetz als gleichwertig, Edith Traub konnte wieder als Hauptschullehrerin arbeiten.

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Als 80-Jährige gab Traub ein mehrstündiges Interview und erzählte von ihrem legendären Anruf. Die Aufzeichnung ist derzeit in der Ausstellung „Heimat großer T*chter. Zeit für neue Denkmäler“ im Linzer Stadtmuseum Nordico zu sehen.

Faltwände tauchen das überschaubare Linzer Zimmer im Erdgeschoß des Hauses in Magenta, neun Strategien, um Missstände aus dem Weg zu räumen, werden auf Stelen präsentiert, ein repräsentativer Gegenstand leitet ein, Texttafeln beschreiben, symbolisch Zeitungsartikel, ein Pass, ein Kugelschreiber …

Die Schau ist die erste Wanderausstellung des Hauses der Geschichte (hdgö), Linz der erste Halt. hdgö-Direktorin Monika Sommer, selbst Linzerin, betont: „Heute werden in Museen nicht mehr alte Helden abgefeiert, sondern brandheiße Themen verhandelt.“ Und so eines ist noch immer die Gleichstellung der Geschlechter, allen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte zum Trotz.

Sich mit Grenzen nicht zufrieden geben

Auch wenn man in Sachen rechtlicher Gleichstellung weitergekommen sei, komplexer sei die Bewusstseinsarbeit, sagt der Linzer Bürgermeister Klaus Luger. Kultur-Stadträtin Doris Lang-Mayerhofer weist darauf hin, dass es bereits vergangenes Jahr einen Frauenschwerpunkt im Kunstmuseum Lentos gab und aktuell auch die Schau „What the Fem*“ im Nordico zu sehen sei. Auch wenn die gezeigten Ereignisse teils Jahrzehnte in der Vergangenheit liegen, müsse man „das auch heute thematisieren und weiterbearbeiten.“

Sich mit den „scheinbaren Grenzen nicht zufriedenen gegeben“, so Nordico-Leiterin Andrea Bina, habe sich auch Alex Jürgen aus Steyr. Alex Jürgen ist intergeschlechtlich und hat vor dem Verfassungsgerichtshof den dritten Geschlechtseintrag im Pass (M/F/X) erkämpft. Im Nordico ist der erste Pass von Alex Jürgen mit „X“ zu sehen. Als „Wiener Wäschekrieg“ ging eine Protestbewegung von 1981 in die Geschichte ein.

Feministinnen beklebten und besprühten Plakate der Unterwäschefirma Palmers, inszenierten etwa Männer in aufreizenden Posen und entlarvten so die Zurschaustellung weiblicher Körper zu Werbezwecken. Sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum sichtbar machen — das macht die Initiative „Catcalls of Leoben“, „CatcallsofLinz“ wurde eben mit dem diesjährigen Frauenpreis der Stadt Linz ausgezeichnet. Mit Kreide werden unangemessene, sexuell anzügliche Kommentare auf die Straße geschrieben und Schweigen über verbale Gewalt gebrochen.

Zu sehen sind die großen Töchter und ihr inspirierendes Anpacken bis 28. Mai, am 8. März, dem internationalen Tag der Frauen, können sowohl Nordico als auch hdgö bei freiem Eintritt besucht werden.

Von Mariella Moshammer

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