Weil sie Stiefkinder vom Glück sind

Theater Juckreyz spielt „Indien“ von Josef Hader und Alfred Dorfer im Schloss Steyregg

„90% der Wirten san 100-ige Trotteln.“ Der legendäre Spruch aus dem Kultfilm „Indien“ (1993) fräste sich ins kollektive Gedächtnis. Am Mittwoch feierte die einzigartige Tragikomödie mit ihren allzeit wirksamen Wuchteln Premiere in Steyregg. Die Amateurgruppe „Juckreyz“ mit Regisseur Harald Schön folgt den großen Fußstapfen nicht, sondern zieht ihre eigene Spur in einer Geschichte, bei der es um nichts Geringeres geht als um Leben, Liebe und Tod, samt der Frage, was vorher war und was nachher kommt. Das Drama entwickelt sich in kurzen Szenen an den Wirtshaustischen oberösterreichischer Gaststätten.

Unterschiedlicher geht nicht

Die Protagonisten könnten unterschiedlicher nicht sein. Behäbig trinkt Ernst Mühlbachler als Lebensmittelinspektor Bösel seine Biere und schweigt. Mario Bramberger als sein Pendant Gewerbeinspektor Kurt Fellner gschaftlhubert und gscheitwaschelt dafür umso mehr. Dass die beiden sich gegenseitig für Arschlöcher halten, muss nicht extra gesagt werden. Wenn dem einen grad zum Kotzen ist, schwärmt der andere vom gestockten Fett, das ausschaut wie Eiter. Je tiefer die Abgründe in und zwischen den beiden, umso inbrünstiger kommentiert das Volksmusikantentrio die Szene mit Akkordeon, Trompete und Horn.

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Schweigsam reagiert anfangs auch das Publikum, doch nach Bösels erstem Ausbruch zu Sex und Männlichkeit, gibt es da wie dort kein Halten mehr. Das Publikum schwelgt mit den beiden Inspektoren zwischen Wuchteln und wachsender Zuneigung.  Da kommt nichts altbacken oder überholt daher, auch das legendäre „Oaschgeigerl“ funktioniert immer noch als glaubwürdiges Instrument einer unverwüstlichen Freundschaft.

Derbheiten, die ihre Zuneigung ausmachen

Nach der Pause liegt Fellner im Spitalsbett. Krebs. Prognose: vierzehn Tage noch. Die beiden, von ihren Frauen verlassen, haben jetzt nur noch einander. Philosophie lauert hinter jedem hilflosen Satz: „Der Tod ist vielleicht nur wie Umsteigen in Attnang Puchheim“, dazwischen eine „Warum ich?“-Explosion mit all den Derbheiten, die ihre Zuneigung ausmachen.  In den Armen von Bösel stirbt Kurti Fellner. Zart und süß, einen Hauch dissonant, intonieren die Musikanten „Ana hot immer des Bummerl“ für die beiden Stiefkinder des Glückes. Extrabeifall für ein Finale, das, obwohl anders als im Original, mindestens so tief zu Herzen geht. Tiefe Verbeugung vor der schauspielerischen Glanzleistung der zwei so gegensätzlichen wie harmonischen Protagonisten, und für den musikalischen Genuss durch H-G Gutternigg, Edi Würzburger und Willi Lampl. Sehr sehenswert!

Kartenvorverkauf unter: 0664/4835128
Weitere Vorstellungen im Schloss Steyregg: 25., 26. April, jeweils 19.30 Uhr, 28. April,  18 Uhr, 2.,3. und 4. Mai, jeweils 19.30 Uhr

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