Weltmusik aus den Südtiroler Bergen, vielfältig wie blühende Almwiesen

Herbert Pixner Projekt am Abend vor dem Lockdown im Brucknerhaus

Genial an der „Ziach“:Herbert Pixner
Genial an der „Ziach“:Herbert Pixner © Sepp Pixner

Sie spielen als ob´s das letzte Mal wäre. Für das Pixner Quartett stimmt das zwar trotz Lockdown nicht ganz — sie touren weiter durch Deutschland und die Schweiz, spielen in honorigen Konzerthallen wie der Elbphilharmonie, solange es noch geht.

In allerletzter Sekunde schaffte es Herbert Pixner am Sonntag noch auf die Bühne des Linzer Brucknerhauses mit dem Konzert, das schon 2021 angesagt war.

Vor dem Lockdown spielte sich die Band noch einmal alle Virtuosität aus dem Leib. Zwei Stunden lang ohne Pause vor einem begeisterten Publikum die Instrumente liebkosen, quälen, ihnen überraschende Töne und lustvolle Exzesse entlocken. Oft tupfen sie nur mit den Fingerspitzen oder rühren so fein an ihre Instrumente, dass man kaum atmet, um nur ja keine dieser Zärtlichkeiten zu versäumen.

Dann wieder richten sie fast gewalttätig drüber. Jeder Einzelne bleibt dabei stets glasklar hörbar. Tief sehen sich Gitarrist Manuel Randi und Multiinstrumentalist Herbert Pixner in die Augen, wortlos Verschworene, die ihre Gitarren, Blasen und die „Ziach“ mit unbändiger Leidenschaft in Kampf und Ekstasen schicken.

Der Große Saal im Brucknerhaus sei ausverkauft hieß es, etliche Plätze blieben dennoch leer. Er habe Verständnis für die Menschen, die schon gekaufte Karten nicht mehr nutzen, sagt Pixner. Für die Anwesenden gab es ein „Best of Best of Best of“. Am Anfang mit einwendigen Volksliedklängen an der Knöpferlharmonika. Latinosound schleicht alsbald in die Harfe von Pixners Schwester Magdalena, die Gitarre hält sich noch zurück.

Der Bass von Werner Unterlercher lässt ahnen, dass er mit allen Wassern gewaschen ist. Die Musiker aus Süd- und Osttirol spannen ihre Süd-Ost-Brücken vom Balkan bis zum Tango furioso, von eisigen Berggipfeln zu heißen Kontinenten mit viel Raum zur freien Improvisation. 2021 sollte 15-jähriges Jubiläum gefeiert werden, alles ausgefallen, muss es halt verschoben werden auf 2031.

Volksmusik fern von Klischees

Aus den Anfängen der Band erklingt das impressionistische Musikgemälde „Morgenrot“. Alle im Saal kennen es, obwohl Pixner keine Ambition hat, Hits zu kreieren. Unendlich fern von „rotweißkarierten Klischees“ entsteht diese Art von Alpen-Weltmusik, als Volksmusik vieler Völker, die ihre Wurzeln dennoch immer erkennen lässt. Auch Blues muss sein.

Dass die Harfe wie geschaffen dafür ist, haben die Älpler erkannt, auch dass dieses Genre beste Gelegenheit für brillante Soli bietet. Und weil Pixner vom Sax bis zur Flöte sämtliche Blasinstrumente beherrscht, wird der Blues zum Freudenfest. Wie Hendrix und Knopfler zusammen rast Randi an der E-Gitarre. Die Harmonika fällt ein, setzt noch eins drauf, bis alle zusammen sich mit Harfe und Bass wieder zur Harmonie auf höchsten Gipfeln vereinen.

„Il Serpente“, ein schlängelndes Konzertstück mit giftigen Solopassagen wechselt ins „Lost Elysium“, Dramatik aus dem Hochgebirge voll Wehmut und Sehnsucht, lieblich, bis die Stromgitarre wieder einmal klar macht, wie schnell sich die Welt nicht nur in den Bergen wandeln kann.

Die Mischung aus Euphorie, Energie, Spannung und viel Improvisation elektrisiert. Vielfältig wie Almwiesen die blühende Klangfülle, ein Platz für sanfte Melancholie und ungebändigte Ausbrüche. Standing Ovations und als Draufgabe ein vertrauter Landler in unfassbarem Tempo mit wüsten Brüchen. Größte Begeisterung, dann ein eigenartig stiller Abgang.

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