Wenn der Schulskikurs zum sozialen Drama wird

Neues Jugendstück „Wutschweiger“ am Linzer Landestheater

Soziale Benachteiligung hat viele Gesichter, zum Beispiel, dass Kinder nicht am Schulskikurs teilnehmen dürfen, weil ihren Eltern das Geld dafür fehlt. Das ist die Ausgangsposition des neuen Jugendstücks „Wutschweiger“ auf der Studiobühne des Linzer Landestheaters. Die beiden Protagonisten versuchen, auf ihre Art mit dieser Form der Ausgrenzung aus der Klassengemeinschaft fertig zu werden. Das mehrfach preisgekrönte Stück von Jan Sobrie und Raven Ruell – inszeniert von Jens Kerbel – wendet sich an Kinder ab zehn. Premiere war am Sonntag.

Ebeneser (Friedrich Eidenberger) erlebt mit jeder Rechnung, die ins Haus flattert, den sozialen Abstieg seiner Familie, die in eine kleine Wohnung in einem städtischen Wohnblock umziehen muss. Das alles sei vorübergehend, man solle nichts hinaus posaunen, zitiert der schweigsame Junge seinen Vater. In der neuen Schulklasse trifft Ebeneser auf Sammy (Isabella Campestrini), ihre Mutter ist verstorben, ihr Vater arbeitslos.

Sammy zeigt sich burschikos, impulsiv und als Vielrednerin. Beide tauchen ein in die Welt der Fantasie. Während für Ebeneser seine Eltern und Dinge immer mehr schrumpfen, träumt Sammy vom Verstreuen der Asche ihrer Mutter im Meer und ihrem Lieblingsgericht Muscheln. Nachdem nach mehrmaligen Aufforderungen das Geld für den Schulskikurs für sie nicht einbezahlt worden ist, werden Ebeneser und Sammy davon ausgeschlossen. „Wie kommen wir dazu, dass wir bezahlen sollen. Es sind doch keine Armen aus Afrika!“, zitiert Ebeneser einen Elternvertreter.

Musik (Nebojsa Krulanovic) und Videos (David Panhofer) verstärken die emotionale Betroffenheit. Humor kommt im Stück trotz Verzicht, Hunger und Scham nicht zu kurz, wenn zum Beispiel Ebeneser erklärt: „Skifahren ist nicht das Gelbe vom Ei, rauf und runter, rauf und runter. Und von den Kaspressknödeln bekomme ich nur Dünnpfiff.“

Schweigen als Waffe

Der Bus ist abgefahren, die beiden gehen zum Angriff über. Sie schwören einander, künftig gegenüber der Außenwelt nur mehr zu schweigen und werden so zu Handelnden. Sie erklären ihrer Umwelt, die sich nicht genug für sie interessiert hat, einfach gar nichts mehr. Sie haben einen Weg gefunden, ihre Wut auszudrücken und so die anderen auf ihre Problematik aufmerksam zu machen. Die Sprache im Stück ist voller Symbolik und lässt durch die unscharfe Abgrenzung zwischen Fantasie und Realität sehr viel Raum für Eigeninterpretationen.

Großartig die Würfel mit den Miniaturszenen (Bühne: Carla Nele Friedrich). Den beiden Protagonisten, Campestrini und Eidenberger, gelingt es, Interesse, Spannung und Betroffenheit bei Klein und Groß zu erzeugen.

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