Am 11. April dieses Jahres hat er sich auf seinen geliebten Drahtesel geschwungen und ist losgefahren. Seine Ziele waren sämtliche Brucknerstraßen, -wege und -plätze in OÖ und Institutionen, die Bruckners Namen tragen. So kam er auf 72 Stationen. An jeder hatte er Menschen dazu eingeladen, Sequenzen aus Bruckners insgesamt neun Sinfonien auf unterschiedlichsten Instrumenten zu spielen. Nach 1650 Kilometern zieht der Linzer Musiker und Komponist David Wagner eine höchst erfreuliche Bilanz über seine außergewöhnliche Radtour durch Oberösterreich.
„Ich hab‘ darüber nachgedacht, wie ich meine beiden großen Leidenschaften im Brucknerjahr miteinander verbinden kann“, erzählt Wagner über die Entstehung seines Projektes „Wagner radelt Bruckner“. So sei er auf die Idee gekommen, all diese Orte radelnd und mit Musik miteinander zu verbinden. Die Geige, die Flöte, die Triangel und die Kazoo, die er am „Packlträger“ mit dabei hatte, waren nur für den Notfall gedacht, falls jemand beim Musizieren Unterstützung benötigen sollte, und kamen nur spärlich zum Einsatz. Ansonsten hat Wagner die Musik arrangiert, mit der Kamera gefilmt, dirigiert, für sich spielen lassen, kommuniziert und viele bereichernde Begegnungen erlebt.
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80 Kindergartenkinder trommeln Bruckner
In Schärding etwa habe eine ganze Traube von Menschen in der Brucknerstraße auf ihn gewartet. „Chöre waren da, Menschen aus einem Haus mit besonderen Bedürfnissen und alle zusammen haben für mich ein Stück Bruckner gespielt“, berichtet Wagner. In Bad Ischl hat der Musikant, der ihn erwartete, nicht nur ein Buffet aufgebaut, sondern auch gleich große Boxen auf der Terrasse, und als Wagner dahergeradelt kam, tönte ihm Bruckners 4. Sinfonie entgegen. In der Kaiserstadt hat Wagner sich auch mit Kulturhauptstadt-Intendantin Elisabeth Schweeger und Bruckner-Jahr-Leiter Norbert Trawöger zum musizierenden Trio zusammengetan. Es habe aber auch intime Musiziertreffs gegeben, etwa eine Station mit einem einzigen Trommler. Der Kindergarten in der Brucknerstraße in Neuhofen an der Krems hat sich gut vorbereitet, 80 kleine Schlagwerker schließlich für Wagner gespielt. Nach einem Reifenplatzer bei Regen, wo der radelnde Musikant schon am Verzweifeln war, haben ihm die fünf Blasmusiker, die ihn in Schleißheim begrüßt haben, nach dem Vorspielen ein Bier in die Hand gedrückt und den Reifen für ihn geflickt.
Über Landesmusikschulen, Musikvereine und Medien habe er vor seiner musikalischen Reise dazu aufgerufen, sich an dem besonderen musikalischen Projekt zu beteiligen und sei begeistert darüber gewesen, wie viele Menschen sich gemeldet haben, erzählt Wagner. Und dort, wo sich wirklich niemand auf seinen Aufruf gemeldet hat, hat sich Wagner vor Ort auf die Suche begeben, was einmal zu einer musikalischen Begegnung mit der Steirischen Ziehharmonika geführt hat. Letztlich wurde jeder der ausgewählten Brucknerorte auf Wagners Tour mit Bruckner-Sinfonien bespielt.
1650 Kilometer sind es, wie gesagt, die Wagner bisher erradelt hat. Mit den letzten fünf Stationen, die er bis zu Bruckners Geburtstag am 4. September geschafft haben will, werden es 1800 sein.
Ein musikalische Projekt, das verbindet
Die durchaus anstrengende Tour hat sich in vielerlei Hinsicht gelohnt. Das Projekt verbindet Menschen aller Altersgruppen, Brucknerkenner und solche, die noch nie mit dem großen Oberösterreicher zu tun hatten, Profimusiker und Amateure, Instrumente von der E-Gitarre über Bongos bis zum Streichquintett und zum Chor und es trug Bruckner hinaus in die Regionen des Landes.
Ende November sollen zwei Filme als Ergebnis der Reise fertiggestellt sein und dann auch — vor Publikum und auf der Homepage wagnerradeltbruckner.com — präsentiert werden. Einer ist ein reiner Musikfilm, in dem Ausschnitte aus allen Sätzen aller neun Sinfonien in neun Minuten zusammengeführt und alle Stationen im Bild sein werden. Ein zweiter Film präsentiere quasi das Making of, alles, was rundherum so geschehen sei, so Wagner.
Und der Initiator? Der fühlt sich auch selbst sehr bereichert und würde das ganze Abenteuer auf jeden Fall wieder erleben wollen, um wieder „Brücken mit Musik“ bauen.
Von Melanie Wagenhofer