Wenn Weltbilder zu bröckeln beginnen

Österreich-Premiere auf der Viennale: „Eismayer“, ein Soldaten-Schreck, der einen Rekruten liebt

Charles Eismayer (Gerhard Liebmann) und Mario Falak (Luka Dimic)
Charles Eismayer (Gerhard Liebmann) und Mario Falak (Luka Dimic) © Golden Girls Film

„Eismayer“ ist erstaunlich. Nicht, weil ein richtiger „Bundesheer-Schleifer“ schwul ist, nicht weil er sich in einen Rekruten verliebt, sondern weil der Film auf einer wahren Begebenheit beruht und der „echte“ Charles Eismayer und sein Mann Mario Falak ihr Leben so offen her- und weitergeben. „Von ihrer Haltung sehen sich die in einer Vorreiterrolle“, sagt Darsteller Gerhard Liebmann, der den „Militär-Schädel“ Eismayer gibt.

Über lange Strecken des Films lernen wir den Vizeleutnant als harten Kerl kennen. Er ist einer, der den Rekruten von der ersten Begegnung an klar macht, wer das Sagen hat. Schimpfworte, Beleidigungen und Eismayers Lieblingssatz „Dafür töte ich dich!“ prasseln auf einen ein. So ist es also beim Bundesheer. Dass sich der Ausbildner nachts heimlich mit Männern zum Sex trifft, ahnen weder Frau (Julia Koschitz) und Kind (Lion Tatzber), noch die Kameraden in der Kaserne.

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Homosexualität ist bei den Soldaten ein willkommener Schmäh, eine Beleidigung und Demütigung. Als Mario Falak (Luka Dimic) in die Kaserne kommt und sich recht bald als schwul outet, fallen die ersten Vorurteile. Dass der härteste Hund am Exerzierplatz, der Schleifer Eismayer, auch auf Männer und dann noch just auf den Rekruten Falak steht, lässt Weltbilder bröckeln.

Regisseur David Wagner kannte die wilden Erzählungen über den „härtesten Schleifer beim Bundesheer“, begegnet ist er ihm erst bei der Recherche. Der Film, der aus vielen Begegnungen und Erzählungen entstand, findet sich zwischen detailverliebter Darstellung eines Soldaten-Alltags, verrohter Männerwelt und Liebesgeschichte zweier recht ungleicher Charaktere.

Männerwelt mit Eheringen aus Patronen

Neben Liebmanns beeindruckender Darstellung des Brutalo-Typen, der in seinem Leben das zusammenführt, was für andere undenkbar ist, zieht der Film seine Stärke auch daraus, dass er gerade die in Militärkreisen üblichen und wahrscheinlich auch notwendigen Schwarz-Weiß-Unterscheidungen außen vorlässt. Eismayer offenbart geoutet nicht plötzlich eine sanfte Seite oder bedient absurde Vorurteile. Die schwulen Soldaten bleiben harte Kerle, die Eheringe sind aus Patronen und die Beziehung ist echt und oft recht unromantisch.

Bei den Filmfestspielen in Venedig gewann „Eismayer“ den Preis für den besten Spielfilm in der Settimana Internazionale della critica, bei der Viennale feierte er Österreich-Premiere.

Von Mariella Moshammer

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