Wunder & Schlamassel der Moderne

Zirkus des Wissens: Gerhard Willerts Linz-Rückkehr – Premiere am Freitag

Autor Gerhard Willert zwischen „Zirkusdirektor“ Airan Berg und Julian Reiss, Leiter des Philosophie-Instituts der Kepler-Uni.
Autor Gerhard Willert zwischen „Zirkusdirektor“ Airan Berg und Julian Reiss, Leiter des Philosophie-Instituts der Kepler-Uni. © JKU

Der Mensch, mutmaßliche Krone der Schöpfung, das Zentrum der Welt. So wollte es die Obrigkeit, mit dieser Wahnidee sicherte die Obrigkeit auch ihre Macht ab.

Dann kam ein Herr Kopernikus (verstorben 1543), in der Folge die Erde nur noch ein jämmerlicher Gesteinsbrocken, der um die stolze Sonne kreiste. Ein Affront! Männer vom Schlage Kopernikus’ landeten auf dem Scheiterhaufen oder bekamen sonstwie gröbere Probleme. Aber der Fortschritt (Unbehagen schwingt in diesem Wort mit) unaufhaltsam, die sogenannte Moderne begann. Und wo stehen wir heute?

Mit dem Stück „Und da oben dazwischen die Sterne“ kehrt Gerhard Willert nach Linz zurück. Der Autor, Übersetzer und vormalige Schauspielchef des Landestheaters schrieb und inszeniert auch ein „philosophisches Clownsspiel“ (Willert), das auf dem Briefverkehr zwischen zwei Wissenschaftsrevoluzzern aufbaut: Johannes Kepler und Galileo Galilei.

Willert knüpft an Diskurse der Gegenwart an und wählt eine interessante Spielform: Seitlich auf der Bühne der Musiker Fadi Dorninger und Julian Reiss, Leiter des Philosophie-Instituts der Uni. Zwischen den beiden, wie es Willert witzig formuliert, „ein Mensch“.

Die Schauspielerin Barbara Novotny spiegelt Kepler und Galilei, unterstützt von einem „Chor“ an Linzer Doktoranden, die an der Erstellung des Stücks mitarbeiteten. Das Stück eine intensive Begegnung von Kunst und Wissenschaft, der Willert’sche Humor ein knuspriger Brückenschlag — ganz im Sinne des „Zirkus des Wissens“ der Kepler-Uni. Rektor Meinhard Lukas, Initiator des jungen Veranstaltungsformats, schwärmt entsprechend von einer „beglückenden Begegnung mit Willert“ und einem „außergewöhnlichen Projekt“. Uraufführung ist am Freitag, 19.30 Uhr, weitere Termine 3. (16 Uhr) und 6. Dezember (19.30).

Ermutigungen

Der „Zirkus des Wissens“, im September 2021 gestartet, geht neue Wege, um junge Leute (ebenso neugierige Ältere) an die irrtümlich für spröde befundenen Wissenschaften heranzuführen. „Zirkusdirektor“ Airan Berg berichtet von zahlreichen Anfragen auch aus dem Ausland: Wie funktioniert spielerische Wissensvermittlung, wie lässt sich das mit Kunst verknüpfen? Anschauliche Beispiele liefert das weitere Saisonprogramm, das am Dienstag in Linz präsentiert wurde.

Ein Schwerpunkt etwa das „Well Being“ (Wohlbefinden) von jungen Leuten, das in Zeiten von Corona, von Klimakrise und Klimaangst, nicht zuletzt von Krieg in Europa bedroht ist. Ein „Brave Space“ (Mut-Raum) wird im März für Leute ab 12 erschaffen: Workshops in Schulen als Ausgangspunkt, sodann der Zirkusraum zehn Tage lang als ein Ort des Austausches.

„Was Kindern jetzt gut tut“, darüber spricht Martin Schenk bei einer Buchpräsentation bereits am 18. Jänner. Wissenschaft vermittelt die Wiederaufnahme des Schattentheaters „Mondtraum & Planetenklang“ zu Johannes Kepler am 4. Februar (samt jeweils Schulvorstellungen) oder Holocaust-Studien in einer Zeit ohne Zeitzeugen, „Zehn Zeugen sajnen mir gewesn“ (Präsentation am 15. Februar).

Vieles mehr für Herz und Hirn unter jku.at/zirkus-des-wissens

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