Nova Rock pendelte zwischen Quetschn-Sounds und Metalkunst

M. Shadows punktete mit seiner Band Avenged Sevenfold auf ganzer Linie © APA/EVA MANHART

Das Nova Rock hat sich am Freitag facettenreich präsentiert: Einerseits kehrte das Festival mit einer teils ziemlich harten Programmierung zu seinen Anfängen zurück, andererseits durfte zu elektronischen Tönen ebenso getanzt werden wie sich Quetschn-Sounds und Ballermannästhetik breit machten. Die US-Amerikaner von Avenged Sevenfold lieferten wiederum eine Headlinershow, die die große Metalgeste mit sperrigen Kompositionen zusammenbrachte. Und Pendulum zündete ein Feuerwerk.

„Life is but a Dream…“ lautet der Titel des jüngsten Werks von M. Shadows und Konsorten, wobei Avenged Sevenfold darauf nicht nur Albert Camus die Ehre erweisen. Ein Konzeptalbum über Existenzialismus und das Absurde am Nova Rock? Tja, irgendwie funktionierte das sogar. Wobei in erster Linie das Opener-Doppel „Game Over“ und „Mattel“ in diese Ecke abbogen. Danach durfte Kreativkopf Synyster Gates bei Stücken wie „Nightmare“ oder „Bat Country“ wieder fiedeln, was das Zeug hielt, während ihm Kollege Zacky Vengeance kongenial zur Seite stand und die Rhythmussektion Johnny Christ (Bass) und Brooks Wackerman (Drums) für viel Druck sorgte.

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Ungewohnt fiel die Show selbst aus: Keine Feuersäulen, keine überdimensionalen Bühnenaufbauten, dafür die Weite der Blue Stage nutzend, gaben Avenged Sevenfold eine eingespielte Band der alten Schule, die sich neuer Medien bediente. Denn die Videoprojektionen waren in ihrer Reduziertheit ziemlich auf den Punkt gebracht, wenn etwa das stampfende „Nobody“ mit schwarz-weiß Kontrasten akzentuiert wurde oder an anderer Stelle die Bandmitglieder selbst in diverse Reaper-Figuren gemorpht wurden. Einzig Shadows Stimme war nicht durchwegs auf der Höhe. Dennoch gelang dem Quintett ein erinnerungswürdiger Auftritt, der die Sonderstellung der Band im modernen Metalzirkus untermauerte.

Eine hervorstechende Show boten auch Pendulum als Headliner auf der Red Stage. Die 2002 im australischen Perth gegründete Gruppe verzichtete ebenso auf Feuer und sonstigen Firlefanz und fuhr stattdessen eine stilvolle Lichtshow, ein Setdesign mit Podesten, auf denen Drums und Keyboards thronten, und kunstvolle Visuals auf. Die optische Opulenz veredelte einen faszinierenden Stilmix aus Drum and Bass, Electronic-Rock, Industrial, ja sogar Metal bei Bedarf. Die unverwechselbare Fusion, fett und organisch, zündete und fuhr ins Tanzbein.

Über 20 Jahre hinweg haben sich Feuerschwanz mit ihrem Mittelalterrock und ihren Feuergimmicks eine riesige Fangemeinde erspielt, nun gastierten sie zum ersten Mal am Nova Rock – und räumten ab. „Das ist das Tolle: Wenn man sich lange Zeit lässt, kann man auch schnell zugreifen. Feuerschwanz in Österreich hat eine lange Vorgeschichte, jetzt kommt die Energie“, sagte Sänger Hauptmann nach dem Auftritt. „Auf Party wird hier offen reagiert.“ Dass die Band nicht immer alles ganz ernst nimmt, zeigte sie mit einer Folk-Metal-Version von „Dragostea din tei“. Dazu Hauptmann: „Wir haben im Metal gelernt, dass man nie direkt lachen darf. Aber mit einem epischen Gesicht darf man auch mal dieses Lied spielen.“

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Worin sieht der Sänger den Erfolg von Feuerschwanz? „Er liegt an der Folkverbundenheit, an unserer Liebe, alte Melodien mit neuem Sound zu verbinden, und ein bisschen verrückt zu sein damit – das kommt gut an. Wir sind sozusagen die Dockarbeiter des Festivals, wir sind true, wir stellen uns auch nicht über die Menschen, sondern feiern mit den Menschen.“ Dass man dazu Rüstung trägt, sei dahingestellt.

Auf der Red Stage holten Fäaschtbänkler den Ballermann auf die Pannonia Fields. Die Schweizer rückten als Vertreter der Neuen Volksmusik mit Akkordeon und Trompeten an und schreckten nicht davor zurück, „Sierra Madre“ und „Ave Maria“ anzustimmen. Mit Aut of Orda wurde es nicht viel besser. Die selbstbenannte „explosive Mischung“ aus Daniel Fellner, Paul Pizzera und Christopher Seiler wurde von einer kompetenten Band unterstützt, die durchaus groovig und druckvoll sein konnte. Über die „Wall of Sound“ streuten „Pauli“ und „Seili“, wie sie sich gegenseitig bezeichneten, ihren Rap-, Brüll- und Sprechgesang über großteils sinnbefreite Texte – auch das fand ein Publikum. „A gscheide Musik heast“ lautet ein Titel der Formation, die gab es parallel auf der Blue Stage.

Dort hatte die Performance von Parkway Drive tatsächlich Drive. Mit „Glitch“ vom aktuelle Album „Darker Still“ legte die australische Formation los, mit „Prey“ folgte ein Fan-Favorit, wie die Reaktionen unschwer erkennen ließen. Das Quintett zelebrierte über 75 Minuten kompetenten Metal mit uneingeschränkter Energie und einem Sound, der wehmütige Erinnerungen an Pantera weckte, garniert mit einer effektvollen Show: Feuer loderte, Knallkörper zündeten, aber all das übertraf Frontman Winston McCall, shoutend und mal rappend, mit seiner Bühnenpräsenz.

Herausstechen konnte auch die heimische Folkshilfe, die sich am Nachmittag nicht nur über viel Zuspruch, sondern auch Textsicherheit seitens der Fans freuen durfte. „Wir stechen immer raus“, lachte Florian Ritt im APA-Interview. „Selbst in der österreichischen Musikszene. Wir sind nicht Austropop, wir sind einfach Folkshilfe. Irgendwie habe ich das Gefühl, wir passen immer noch nirgends hin – und deshalb passen wir überall hin.“ Für das Nova Rock traf das definitiv zu, Nummern wie „Seit a poa Tog“ und „So laung“ punkteten mit Quetschn-Flair und viel positiver Energie.

Die hatte er natürlich auch im Gepäck: Komiker Otto durfte mit seinen Friesenjungs spät in den Nachtstunden das komödiantische Betthupferl für die Besucher geben – wie üblich um keinen flotten Spruch verlegen. Auch das hatte Platz und funktionierte. So bunt ist eben das Festivalleben.

novarock.at

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