Kunst, die Rechtsextremismus entlarvt

Linzer Kunstmuseum Lentos präsentiert neue Ausstellung „Transformation und Wiederkehr“

Franz Kapfer, Idealisten-Heim, 2021
Franz Kapfer, Idealisten-Heim, 2021 © maschekS

Ein Porträt von Andreas Hofer, das, einem Röntgen unterzogen, das Abbild von Adolf Hitler freigibt. Das Hitler-Konterfei wurde nach 1945 unter dem des Freiheitskämpfers versteckt und spiegelt den damals in Österreich üblichen Umgang mit dem Nationalsozialismus wider.

„Da wurde viel kaschiert, aber nicht entfernt“, sagte Kurator Markus Proschek bei der Präsentation der neuen Ausstellung im Linzer Lentos. „Transformation und Wiederkehr. Radikale Nationalismen im Spiegel der zeitgenössischen Kunst“ ist bis 6. Juni zu sehen und wurde von Proschek gemeinsam mit Lentos-Direktorin Hemma Schmutz zusammengestellt.

Die Schau beschäftigt sich anhand von Arbeiten von 14 Künstlerinnen und Künstlern mit dem aktuellen Erstarken von rechtsextremen Tendenzen. Neben den Kunstwerken findet man eben Artefakte vor, die, hier als Fußnoten bezeichnet, einführen und ergänzen.

Vielfältige Bezüge, die zum Nachdenken anregen

„Kunst kann durch Aufklärung und Reflexion helfen, sich mit schwierigen Themen auseinanderzusetzen“, so die Linzer Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer. Sie lobte die „beispielhafte Aufarbeitung von zeitgeschichtlichen Themen durch das Lentos“.

„Es ist wichtig, zu schauen, welche Strategien der Kunst geeignet sind, um einen Beitrag im Kampf gegen totalitäre Tendenzen umzusetzen“, betonte auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger. Wie vielfältig und zum Nachdenken anregend diese Strategien sein können, zeigt der Rundgang.

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„Idealisten-Heim“ nennt der Wiener Künstler Franz Kapfer seine spannende Installation: Die Holzhütte,die laut Proschek an jene des US-Terroristen Ted Kaczynski erinnert, (ver)birgt Waffen und Devotionalien, die Kapfer von den türkischen Grauen Wölfen gesammelt hat. Verschwörung im Geheimen. „Belt exercise“, in Bronze gegossene Herrengürtel der Italienerin Monica Bonvicini, vermitteln Dominanz und Unterwerfung, Kontrolle und Machtlosigkeit.

Bildsprache und Rhetorik der Neuen Rechten

Ein Designer-Stuhl von Marcel Breuer wurde von der deutschen Künstlerin Henrike Naumann zu einer Waffe „umgebaut“. Die Arbeit ist das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit der sogenannten Prepper-Szene: Überzeugt vom bevorstehenden Zusammenbruch der Gesellschaft, bauen sich diese Leute Bunker, sammeln Waffen und horten Vorräte.

Die Wienerin Christina Werner hat sich intensiv mit der Bildsprache der Neuen Rechten beschäftigt. Eines ihrer Bilder zeigt die Füße des niederländischen Rechtsextremen Geert Wilders. In frei entnehmbaren Texten hat sie Tatorte von NSU-Morden mit Zitaten der Neuen Rechten versehen, um zu zeigen, was eine bestimmte Rhetorik möglich macht. Die bekannte Musikgruppe Laibach („Live is Life“) inszeniert totalitäre Ästhetik in Coverartworks.

Was solche Ideologien mit dem Körperbild machen können, thematisiert Erez Israeli. Der jüdische Künstler nimmt auf seinen Fotos die Haltungen ein, in denen sich einst der Fitness-Papst der Nazis, Hans Surén, mit eingeöltem, arisch-olympisch gestähltem Körper für seine Bücher ablichten hat lassen.

Wie wichtig es ist, die Dinge auch im richtigen Zusammenhang zu sehen, verdeutlicht eine Collage auf Plexiglas der Kärntner Künstlerin Ines Doujak: ein indigenes Mädchen mit Taschentüchern mit Hakenkreuzen. Dem gegenüber gestellt eine prähistorische Schale aus Kolumbien aus dem 9. Jahrhundert mit demselben Symbol.

Hemma Schmutz zeigte sich am Dienstag mit dem Besuch ihres Hauses seit der Wiedereröffnung vor einigen Wochen durchaus zufrieden. „Was fehlt, sind natürlich die Veranstaltungen“, unterstrich die Direktorin.

„Da fällt dann auch ein bestimmter Prozentsatz an Besuchern weg, die in Gruppen kommen, was uns extrem leidtut.“ Einen Ausgleich versuche man mit digitalen Formaten, in dem das Lentos „die Vermittlungsebene ins Netz“ transportiert. So auch für „Transformation und Wiederkehr“, das mittels Podcast oder Webinar aufbereitet wird.

Von Melanie Wagenhofer

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