Kurzarbeit-Missbrauch: Finanzpolizei stellte bisher 150 Anzeigen

Die Finanzpolizei hat im Rahmen der Kurzarbeit-Kontrollen bisher 150 Anzeigen wegen Missbrauch gestellt. Seit Mitte April werden Betriebe geprüft, ob sie die Kurzarbeitsregeln korrekt umsetzen. „Der allergrößte Teil der Unternehmerinnen und Unternehmer ist vorbildlich“, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. „Es gibt aber einige schwarze Schafe.“

Seit dem Start der Corona-Kurzarbeit im März haben Unternehmen diese für bis zu 1,3 Millionen Arbeitnehmer beim Arbeitsmarktservice (AMS) beantragt. Zuletzt war noch Kurzarbeit für 813.000 Beschäftigte möglich. Die Finanzpolizei ermittelt vor allem dann, wenn Anzeigen und Verdachtsfälle auf Missbrauch vorliegen. Auch Branchen, die nicht vom Corona-Lockdown betroffen waren und stark auf Kurzarbeit setzen, werden geprüft.

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Rund 350 Finanzpolizisten haben seit 21. April bei Schwerpunktkontrollen rund 2.493 Betriebe und 9.749 Personen in Kurzarbeit kontrolliert. Am 10. Mai hatte das Finanzministerium bereits die Kontrolle von 5.119 Personen in Kurzarbeit in 1.946 Betrieben und 31 Anzeigen wegen Missbrauch vermeldet. Bei der Corona-Kurzarbeit ersetzt das AMS dem Arbeitgeber gemäß festgelegten Pauschalsätzen die Kosten für die Ausfallstunden.

In den vergangenen zwei Monaten wurden bei den Finanzpolizei-Kontrollen auch 1.243 Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz sowie dem Arbeitszeitgesetz verzeichnet.

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Der Leiter der Finanzpolizei, Wilfried Lehner, wollte auf Journalistennachfrage nicht mehr Personal für seine Betrugsbekämpfungseinheit fordern. „Es ist nicht meine Aufgabe über Ressourcen zu spekulieren, meine Aufgabe ist, mit den vorhandenen Ressourcen das möglichst Effizienteste daraus zu machen“, sagte Lehner. Bei den Kontrollen habe man gemerkt, dass sich viele Unternehmen an das Kurzarbeit-Regime halten. Dennoch habe es „einige eklatante Fehlleistungen“ gegeben, so der Finanzpolizist. Ein Unternehmer habe etwa seine Mitarbeiter auf 90 Prozent Kurzarbeit gesetzt, aber sie dann normal weiterarbeiten lassen.

Die Finanzpolizei übermittelt die „Problemfälle“ dann an das AMS, welche die Kurzarbeit abrechnet und an das Innenministerium, das sich um Förderbetrug kümmert. Bei den Abrechnungen könnten weitere Missbräuche entdeckt werden und Anzeigen folgen, erwartet Lehner.

Die Finanzpolizei wurde im Jahr 2013 geschaffen, um Steuerhinterziehung, Sozialbetrug und organisierte Schattenwirtschaft aufzudecken. Im vergangenen Jahr hat die Finanzpolizei im Rahmen der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping 1.890 Betriebe und 4.471 entsendete oder überlassene Arbeitnehmer überprüft. Von den überprüften ausländischen Arbeitskräften waren rund 10 Prozent von Unterentlohnung betroffen, ihnen wurde also weniger bezahlt als in Österreich kollektivvertraglich üblich. Wegen Nichtbereitstellung von Melde- oder Lohnunterlagen stellte die Finanzpolizei 2.099 Strafanträge bei den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden. Außerdem wurden im Rahmen der Strafanträge Geldstrafen in Höhe von 8,4 Mio. Euro beantragt.

Für den Leiter der Finanzpolizei ist die „erschreckend hohe Anzahl“ von Unterentlohnung bei entsendeten, ausländischen Arbeitskräften „alarmierend“. Dies sei „ein Problem auf dem Arbeitsmarkt“ und würde österreichische Unternehmer in „eine problematische Wettbewerbssituation“ bringen, so Lehner. 2019 wurden mehr als 239.000 Arbeitskräfte über ausländische Unternehmen nach Österreich entsendet oder überlassen. Zum Vergleich: 2009 waren es nur rund 9.100 Personen und 2013 waren es bereits 87.000 ausländische Arbeitskräfte.

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