Land Oberösterreich kämpft um Steyrer Standort

Lkw-Hersteller MAN baut weltweit 9500 Jobs ab – 2200 Mitarbeiter in der Eisenstadt bangen

Die LKW-Produktion in Steyr hat sich seit den 20er Jahren (Bild oben) bis heute (links) stark gewandelt, nun könnten die Fertigungsstraßen im MAN-Werk bald endgültig stillstehen.
Die LKW-Produktion in Steyr hat sich seit den 20er Jahren (Bild oben) bis heute (links) stark gewandelt, nun könnten die Fertigungsstraßen im MAN-Werk bald endgültig stillstehen. © MAN Steyr

Mit der gestrigen Ankündigung der deutschen Konzernzentrale könnte ein seit langem schwebendes Damoklesschwert über dem Lkw-Werk in Steyr niedergehen.

9500 Mitarbeiter sollen beim Nutzfahrzeughersteller MAN „weltweit und über alle Unternehmensbereiche hinweg“ abgebaut werden. Auch der Produktionsstandort Steyr stehe im Zuge der Umstrukturierung zur Disposition, vermeldete die Geschäftsleitung gestern. Das sei ein Bestandteil, um das Ergebnis der VW-Tochter bis 2023 um rund 1,8 Milliarden Euro zu verbessern.

2200 Jobs in Steyr

Das MAN-Werk hat enorme wirtschaftliche Bedeutung für die Region Steyr. Rund 2200 Mitarbeiter sind dort aktuell beschäftigt, seit Anfang Mai sei auch die Kurzarbeit großteils ausgelaufen, heißt es aus der Konzernzentrale in München gegenüber dem VOLKSBLATT.

Es werde nun zeitnah Verhandlungen geben, neben Steyr stehen auch die Betriebe in Plauen, Sachsen, und Wittlich, Rheinland-Pfalz, auf dem Prüfstand. Über einen Zeitraum für die Entscheidungsfindung wollte man sich nicht festlegen. Vom MAN-Zentralbetriebsrat kamen bereits heftige Proteste, Betriebsschließungen und Jobabbau als „Konzepte aus der Mottenkiste“ seien ein Armutszeugnis.

Banges Hoffen auf die vierte Sternstunde

Steyr droht somit ein jähes Ende des Betriebs, nachdem MAN 2019 noch anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Lkw-Fertigung in der Eisenstadt eine große Feier für Mitarbeiter und ihre Familien ausgerichtet hatte. Auch damals wurde auf schwierige Zeiten zurückgeblickt – von drei Sternstunden spricht man in Steyr, die den Fortbestand sicherten.

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In der Zwischenkriegszeit drohte zwei Mal das Aus, in der Verstaatlichtenkrise Ende der 80er Jahre sollte sich der Einstieg von MAN als lebensrettender Impulsgeber herausstellen.

Nun bleibt den Mitarbeitern in Steyr die Hoffnung auf eine vierte Sternstunde.

Ein wesentliches Argument für einen Fortbestand des Werks in Steyr ist die jüngste Restrukturierung vor sechs Jahren. Damit sollten die Weichen für die Zukunft gestellt werden, erste Elektro-Lkw wurden in Steyr bereits gefertigt. Ab Mitte des Jahrzehnts will MAN zu den führenden Nutzfahrzeugherstellern im Bereich Elektro- und Wasserstoffantriebe zählen, hier könnte sich der Standort, auch dank des wissenschaftlichen Umfelds, als goldrichtig erweisen.

Schwierige Zeiten

Dennoch, die Zeiten für Lkw-Hersteller sind denkbar schlecht. Die Volkswagen-Tochter MAN ist einer der führenden Nutzfahrzeug-Konzerne, der Umsatz im vergangenen Jahr betrug rund elf Milliarden Euro. Das Unternehmen beschäftigte knapp 39.000 Mitarbeiter.

Die Branche ist auch wegen der weltweit stark sinkenden Nachfrage nach Lastwagen unter Druck. In Europa rechnete MAN schon vor der Corona-Pandemie mit einem Umsatzrückgang von bis zu 20 Prozent für heuer.

Land OÖ kämpft um Jobs

In der Landespolitik schlug die Ankündigung des MAN-Konzerns hohe Wellen. Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner stehen in engem Kontakt mit MAN-Steyr-Geschäftsführer Karl-Heinz Rauscher. „Wir hoffen auf einen Erhalt des Standorts Steyr, wofür aus unserer Sicht auch gute Argumente sprechen. Gerade in jüngerer Zeit wurde hier viel investiert und der Standort Steyr punktet auch mit seiner hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, unterstreichen Stelzer und Achleitner. „Seitens des Landes sind wir in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung von MAN Steyr und zu standortpolitischen Unterstützungsmaßnahmen bereit“, bekräftigten beide ihre Absicht, um jeden Arbeitsplatz in Steyr kämpfen zu wollen.

„Oberste Priorität hat die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen“, forderte Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer einen überparteilichen Gipfel zur Rettung der heimischen Arbeitsplätze. Auch LH-Stv. Manfred Haimbuchner sprach sich klar für die Erhaltung des Standortes Steyr aus und forderte einen Masterplan zur Überwindung anstehender wirtschaftlicher Probleme: „Kein Arbeitnehmer darf, weder heute noch morgen, im Stich gelassen werden.“

Das letzte Wort hat freilich die Geschäftsführung der MAN Truck & Bus AG.

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