Gegenbewegung zur kurzlebigen Mode der vergangenen Jahre

Stilberaterin Martina Rieder-Thurn über die aktuellen Trends in der Mode

Dries van Noten
Dries van Noten © APA/AFP/Medina

Die warme Zeit ist ins Land gezogen und mit ihr auch die Lust, sich neu einzukleiden. Auf die blühenden, bunten Farben der Natur antwortet die Mode mit zarten Pastelltönen und konkurrierenden Trends wie Pfirsich und Gelb. Manches bleibt, anderes darf gehen. Stilberaterin Martina Rieder-Thurn begleitet uns ins Modejahr.

Duell der Farben: Pfirsich gegen Gelb

Farbexperte Pantone erklärt bekanntlich jedes Jahr einen Ton zur Farbe des Jahres. 2024 heißt er „Peach Fuzz“, ein samtiger, weicher Pfirsichfarbton. „Leider steht das vielen Mitteleuropäern nicht, Pfirsich zieht die Farbe aus dem Gesicht“, erklärt die Expertin.

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Vielleicht ist das auch der Grund, warum das Deutsche Mode-Institut, eines der führenden Trendbüros der Welt, einen anderen Ton als Farbe des Jahres gewählt hat: Punchy Mimosa Yellow heißt der, also ein schönes, leicht gedämpftes Gelb, das laut Expertin definitiv viel mehr Menschen steht. „Beide Töne passen in den starken Pastellfarbentrend für dieses Jahr“, so Rieder-Thurn. „Man gibt sich zurückhaltend, aber keineswegs farblos auch in Hellblau, Rosa, Mint, Off-White – alles Töne, die fast jedem schmeicheln.“

Old Money kann man sehr gut tragen

Zurückhaltend zeigt sich auch ein Trend, der uns erhalten bleibt. Old Money oder Quiet Luxury präsentiert sich in klassischen hochwertigen Teilen, die zeitlos und edler sind: „Blazer sind im Aufwind, ebenso die Anzughose bzw. Stoffhose, Pullunder, Hemd und Hemdbluse“, zählt die Fachfrau modische Teile für Damen und Herren auf. Hosenanzüge sind immer noch weit geschnitten und gern in Farbe, der Klassiker Trenchcoat ist in allen Längen ungebrochen beliebt. „Eine Gegenbewegung zu Fast Fashion der letzten Jahre, billigen Teilen, die häufig ausgetauscht werden.“

Passend dazu: Die beliebten Sneaker bekommen jetzt modische Konkurrenz von Loafers (eine Weiterentwicklung des Mokassins mit festerer Sohle), Brogues (mit Lochverzierung und Schnürung), vereinfacht gesagt, von allem, in das man schnell reinschlüpft. Wer unsicher ist, was zum diskreten Stil gehört, schaut in die Serie „Succession“ beim Sender HBO rein, dort tragen alle Figuren diese Linie.

Bei den Taschen findet man nach riesigen und winzigen Teilen jetzt gern einen passenden Mittelweg: „Eine zeitlose Ledertasche, wie sie schon Oma und Mama toll fanden, erlebt jetzt einen Aufwind“, so Rieder-Thurn. Da fügt sich auch der trendige mittellange Bob als Frisur perfekt ein, die Haarfarbe darf kräftiger sein, Rot ist wieder zurück. Brillen werden jetzt eckiger, aber Vorsicht, kantige Gesichter wirken damit schnell ein wenig zu streng.

Die Taille erlebt das „Comeback des Jahres“

Weite Schnitte, auch im Lagenlook getragen, bleiben, Skinny Jeans rücken modisch jetzt ins Out. Neu sind raffinierte Details: Drapierungen, Falten und Asymmetrie, umgesetzt in Oberteilen, Kleidern, Röcken und Blazern. Der Fokus liegt dabei auf der Taille, die, so Rieder-Thurn, das „Comeback des Jahres“ erlebt.

Als großen Sommertrend macht die Stilkundige weiters „Freiheit für die Schultern“ aus, besonders aktuell ist dabei Asymmetrie. Auch die Säume von Röcken und Kleidern sind jetzt wieder schräg und man trägt diese Teile knöchel- oder wadenlang. Daneben erlebt der Minirock ein Revival.

Transparenz ist in allen Lebenslagen angesagt

Als „Riesenthema“ definiert die Expertin Transparenz, durchscheinende Oberteile, Kleider und sogar Hosen. Da darf dann auch schöne Wäsche durchblitzen. „Wer nicht ganz so offen ist, trägt nur transparente Ärmel oder lässt andere Stellen durchschimmern.“ Selbst Strickteile werden etwa mit Lochstrickmuster transparent und aus leichter Wolle auch im Sommer tragbar. Und: „Das Strickpolo ist heuer ein Hit.“ Wie immer gelte: Man kann solche Trends durch Stilmix, etwa in Kombination mit Jeans oder verschiedener Materialien, tragbarer und alltagstauglicher machen.

Ein Hauch Trachtigkeit und Romantik zeigt sich in Kleidern und Röcken, wie sie österreichische Designerinnen wie Susanne Bisovsky, Lena Hoschek oder das Trachtenlabel Tostmann kreieren. Die vielen Krisen auf der Welt spiegeln sich nicht nur in hochwertigen zeitlosen Teilen in der Mode. „Man wartet nicht mehr auf einen Anlass, um etwas Besonderes zu tragen, sondern zeigt es auch im Alltag“, so Rieder-Thurn. Also, lassen Sie nichts im Kasten verstauben, erfreuen Sie sich gleich daran!

Tipps für große und kleine Damen

Noch ein Tipp: Niemals zu lang sollte das Motto bei Hosen & Co. für kleine Frauen, niemals zu kurz jenes für große Damen lauten, so die Expertin. Wer nicht besonders groß ist und trotzdem gern zu Hosen mit weiter geschnittenen Beinen greift, kann sich mit einer Bügelfalte einen streckenden Vorteil verschaffen.

Mit STILBERATERIN MARTINA RIEDER-THURN sprach Melanie Wagenhofer

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