Giftige Schönheiten im Fokus

Giftpflanzen beweisen eindrucksvoll die starke Wirkung von pflanzlichen Inhaltsstoffen auf den menschlichen Organismus. Seit jeher wurden diese gefährlichen Pflanzen genutzt oder auch missbraucht, sei es in der Medizin, als Ritual- und Zauberpflanzen, Aphrodisiakum und berauschende Droge oder auch für den einen oder anderen Giftmord.

Die Natur hält nicht nur Gesundes und Bekömmliches für uns bereit. Eine ganze Reihe von Pflanzen sind in den verschiedensten Pflanzenteilen, oft auch in den Beeren, giftig und lösen bei Berührung oder beim Verzehr Hautreizungen und Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Herzrhythmusstörung, Atemlähmung und im schlimmsten Fall den Tod aus.

Vor allem Schönheit kann hier trügerisch sein: So zählt der Eisenhut mit seinen kunstvollen, tiefblauen Blüten zu den giftigsten Pflanzen Europas und auch Fingerhut, Rittersporn und Eibe, welche viele Hausgärten zieren, sollten in ihrer Toxizität nicht unterschätzt werden.

Vor allem an Wanderwegen oder bei Streifzügen durch den Wald mit Kindern ist höchste Vorsicht geboten: Viele giftige Pflanzen bringen verlockende Beeren zum Vorschein, die vermeintlich zum Naschen einladen – oft mit fatalen Folgen. Abschreckendes Beispiel sind hier die schwarz glänzenden und zudem süßlichen Früchte der Tollkirsche: Für Kinder können bereits zwei gegessene Beeren tödlich enden, bei Erwachsenen zehn.

Die Tollkirsche (Atropa bella-donna) ist in allen Pflanzenteilen giftig und wächst vor allem an Waldlichtungen, so auch an Wanderwegen. Der Verzehr von bereits zwei Beeren des Nachtschattengewächses kann tödlich für ein Kind sein. Vergiftungserscheinungen sind glänzende Augen, erweiterte Pupillen, Seh- und Bewusstseinsstörungen sowie Erregungszustände.
Der Gewöhnliche Seidelbast (Daphne mezereum) ist ein stark duftender, sommergrüner Strauch, der allerdings in allen Teilen die giftigen Diterpenester enthält. Schon bei äußerer Einwirkung rufen Pflanzenteile auf Haut und Schleimhäuten Entzündungen mit Rötung und Blasenbildung hervor. Nach Verzehr der Pflanze kommt es zu starken Vergiftungserscheinungen und zum Kreislaufkollaps. Bereits 2 bis 3 gegessene Beeren können bei Kindern zum Tod führen.
Der Gefleckte Schierling (Conium Maculatum) gehört zu der Gruppe der Doldenblütler, was eine große Verwechslungsgefahr mit ungiftigen Verwandten birgt. Das in der Pflanze enthaltene Coniin, das sogar über die unverletzte Haut und Schleimhäute resorbiert wird, bewirkt in höheren Dosen zuerst Erregung, dann aufsteigende Lähmung, bis es zum Tod durch Ersticken kommt. In geringerer Dosis galt Schierling als wichtige Zutat in sogenannten „Hexenflugsalben“.
Zum imposanten 3 bis 5 Meter hohen Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) sollte vor allem Abstand gehalten werden, da die Pflanze starke phototoxische Eigenschaften hat. Allein die Berührung kann in Kombination mit Sonnenlicht zu starken Verbrennungen mit Blasenbildung und Entzündungen führen. Der Doldenblütler wächst an Wald-, Gewässer- und Straßenrändern und ist vor allem an den spitz gezackten Blättern und an der Größe zu erkennen.
Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) wächst wild in lichten Wäldern und Schlagfluren und ist in Hausgärten eine beliebte Zierpflanze. Alle Fingerhutarten enthalten herzwirksame Glykoside und werden in allen Pflanzenteilen als stark giftig eingestuft. Als Fertigpräparate werden die Blätter des Roten Fingerhutes als Mittel gegen Herzinsuffizienz eingesetzt. Bei Behandlung in Eigenregie oder bei Überdosierung kann es zu starken Vergiftungssymptomen kommen.
Der eindrucksvolle Blaue Eisenhut (Aconitum napellus) gehört zu den giftigsten Pflanzen im europäischen Raum und ist vor allem an Staudenfluren und im Gebirge zu finden. Das Pflanzengift wird auch über die unverletzte Haut aufgenommen, sodass schon das Pflücken der Pflanze oder das Spielen mit den Blüten für Kinder gefährlich sein kann. Nur 1 bis 2 Gramm der Knolle sind für Erwachsene tödlich, durch das Gift Aconitin tritt zuerst ein Zustand der Erregung und anschließend Lähmung ein. Es löst Temperatursenkung, Kälte- und Taubheitsgefühl aus, letztendlich erfolgt Atemlähmung oder Herzversagen. Auch das Berühren der Blätter kann zu schweren Ausschlägen führen. Für Tiere ist der Eisenhut ebenfalls hochgiftig.
Bei der Europäischen Eibe (Taxus baccata) sind die reifen, roten Hüllen der Scheinfrüchte das einzig giftfreie Organ der Pflanze. Die Kerne der Früchte sowie die Eibennadeln können aber zu lebensbedrohlichen Vergiftungen führen. Auch für Pferde und Nutztiere ist die Eibe hochgiftig. Die Europäische Eibe wird gerne in Hausgärten und Parks gepflanzt, wodurch sie sich hauptsächlich durch Vögel verbreitet, die die Scheinfrüchte fressen.

Auch die Beeren von Einbeere, Seidelbast, Liguster, Efeu, Schneeball oder Bittersüßer Nachtschatten können bei Verzehr zu Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen und starkem Durchfall führen. So sollte die Devise sein: Nur Pflücken und Kosten was man auch mit Sicherheit als Genießbar erkennt.

Giftpflanzen wurden trotz oder gerade wegen ihres hohen Gefahrenpotenzials dennoch seit Anbeginn der Menschheit bewusst eingesetzt: etwa als Schmerzmittel, berauschende Drogen, als Ritual- und Zauberpflanzen oder aber als todbringende Waffen. Der griechische Philosoph Sokrates wurde beispielsweise mit dem „Schierlingsbecher“ brutal hingerichtet: Durch das Trinken des Presssaftes vom Gefleckten Schierling tritt eine Lähmung des Körpers ein, was in qualvollem Ersticken bei vollem Bewusstsein endet.

Belladonna für die schöne Frau

Aber auch für kosmetische Zwecke oder in Liebestränken kamen Extrakte aus Giftpflanzen zum Einsatz. Im Mittelalter sollen sich Frauen den Saft der Tollkirschenbeeren in die Augen geträufelt haben, da dieser die Pupillen vergrößert — zumindest wäre das eine Erklärung für den lateinischen Namen „Atropa bella-donna“.

Liebestränke sollen bereits in der Antike mit halluzinogenen Substanzen von Bilsenkraut, Stechapfel und Tollkirsche angereichert worden sein, um die Libido zu fördern. Auch die giftige Alraunenwurzel wurde als Aphrodisiakum für Frauen verwendet. Damals wie heute galt der Grundsatz „die Dosis macht das Gift“, dennoch hat mit Sicherheit die ein oder andere „falsche“ Dosierung zum Tode geführt.

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