Jede Bewegung ist Futter für die Bandscheiben

Roland Pürstinger, Leitender Physiotherapeut am Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf, gibt einem Patienten Tipps für einen gesunden Rücken.
Roland Pürstinger, Leitender Physiotherapeut am Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf, gibt einem Patienten Tipps für einen gesunden Rücken. © OÖG

26 Prozent aller Österreicher ab 15 Jahren haben zumindest einmal im Jahr Schmerzen in der unteren Rückenregion, das ergab eine Befragung der Statistik Austria. Der Leitende Physiotherapeut des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums Kirchdorf, Roland Pürstinger, gibt Tipps für einen gesunden, starken und schmerzfreien Rücken.

Je älter die Menschen in Österreich werden, desto häufiger macht ihr Rücken Probleme. Bei den unter 60-Jährigen klagt jeder Fünfte über Schmerzen, bei der Gruppe 60plus ist es mehr als jeder Dritte. Oft stecken Probleme mit den Bandscheiben dahinter.

Stoßdämpfer zwischen den Wirbelknochen

Bandscheiben liegen wie Stoßdämpfer zwischen den Wirbelknochen und sorgen dafür, dass die Wirbelsäule beweglich bleibt. Sie sind zwischen fünf und zehn Millimeter dick, bestehen aus einem puddingartigen Kern und einer mehrschichtigen, faserigen Hülle. Damit sie richtig funktionieren, brauchen sie Bewegung.

20 Kilo können wie 400 auf die Wirbelsäule wirken

Durch übermäßige Belastungen, oft verstärkt durch falsches Heben oder Tragen, Bewegungsmangel, Übergewicht und Alterungsprozesse verschleißen die Bandscheiben. Sie werden zwischen den Wirbelknochen immer weiter nach außen gepresst und können gegen Nerven drücken. Dann handelt es sich um einen Bandscheibenvorfall. Am häufigsten ist dabei die untere Lendenwirbelsäule betroffen.

„Besonders schlecht für die Bandscheibe ist, schwere Lasten aus dem runden Rücken heraus, ohne Bauchspannung und in einer Drehung zu heben. Wenn Sie 20 Kilo auf diese Weise falsch heben, werden die Bandscheiben mit 400 Kilo belastet. Auf sie wirkt dann ein Druck von 23 bar. Das ist zehn Mal so viel Druck, wie in einem Autoreifen herrscht“, sagt Pürstinger.

Bandscheibenprobleme können einerseits sehr schmerzhaft sein, andererseits aber auch mit Sensibilitätsstörungen, Kribbeln und Taubheitsgefühl in Armen und Beinen sowie Muskelschwäche, bis hin zum Ausfall bestimmter Muskeln einhergehen.

Bewegungsmangel ist ein Hauptgrund für Probleme mit den Bandscheiben und Rückenschmerzen. „Wir fahren mit dem Auto zur Arbeit. Nehmen den Lift, statt der Treppe. Sitzen den ganzen Tag vor dem Computer und liegen abends vor dem Fernseher. Das schwächt den Rücken“, weiß Pürstinger.

Wer den Rücken gesund, stark und schmerzfrei halten will, sollte sich bewegen. „Bandscheiben sind schlecht durchblutet und holen sich ihre Nährstoffe wie ein Schwamm: Bei Belastung geben sie verbrauchte Nährflüssigkeit ab. Bei Entlastung nehmen sie frische Flüssigkeit auf. Deswegen ist jede Bewegung Futter für die Bandscheiben“, so der leitende Physiotherapeut.

Die nächste Bewegung ist die beste

Ein rundum starker Rumpf sorgt für eine bessere Haltung, beugt Verspannungen und Rückenschmerzen vor und hält Bandscheiben gesund. Wobei man nicht nur den Rücken trainieren sollte, sondern den gesamten Rumpf.

„Wenn Sie ein Haus bauen, stellen Sie auch nicht nur eine Mauer auf. Genauso ist es beim Rücken. Damit er rundum stabil ist, sollten Sie Bauch-, Rumpf-, Beckenboden-, Rücken- und Brustmuskulatur stärken“, sagt Pürstinger.

Für einen gesunden Rücken ist es jedoch nicht notwendig, sportliche Höchstleistungen zu vollbringen. Wichtiger ist, sich jeden Tag ein wenig zu bewegen, auf möglichst abwechslungsreiche Weise. „Schaffen Sie sich selbst längere Wege, indem Sie den Drucker ein Stück entfernt vom Schreibtisch platzieren.

Sitzen Sie dynamisch! Die Annahme, dass nur aufrechtes Sitzen gut für den Rücken ist, ist inzwischen überholt. Ideal ist, die Körperhaltung oft zu ändern“, rät der Physiotherapeut.

Nützliche Hilfsmittel sind labile Sitzunterlagen und höhenverstellbare Büromöbel. „Die nächste Bewegung ist die beste Bewegung: Ob Sie nun Spazierengehen, Laufen, Sitzen oder einen Purzelbaum machen – Hauptsache Sie bewegen sich!“

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