Kia EV9: Klare Kante und Platz ohne Ende

Die südkoreanische Automarke Kia siedelt am oberen Ende ihres E-Auto-Portfolios den nahezu komplett bestückten – und damit auch teuren – EV9 an.

Der vormals als unaufhaltsam geltende Siegeszug der Elektroautos scheint vorerst einmal gestoppt. Waren – nicht nur hierzulande – E-Autos besonders als Firmenwagen beliebt, konnten sich ebendiese im Privatkundensegment bislang nicht auf breiter Basis durchsetzen.

Und das, obwohl es in nahezu allen europäischen Staaten Förderungen und Vergünstigungen gab und gibt. Warum das so ist, ist mittlerweile wohl hinlänglich bekannt. Zu teuer. Eine nach wie vor nur rudimentäre Ladeinfrastruktur und lange Ladezeiten schreckten und schrecken viele ab.

Das Haupttotschlagargument ist natürlich immer noch der Preis; und da sind Stromer ohne großzügige Förderungen preislich im Vergleich zu Verbrennern nicht kompetitiv. Noch sind die meisten erhältlichen E-Autos nach wie vor mindestens in der Mittel- bis Oberklasse angesiedelt.

Typenschein

Kia EV9 Earth RWD

Preis: ab € 76.590,- inkl. Steuern und Abgaben; Testwagenpreis € 76.590,-; einen Kia EV9 (Earth Baseline) gibt es ab € 69.090,- NoVA/Steuer: 0 %/ € 0,- jährlich Garantie: 7 Jahre bis max. 150.000 km, 5 Jahre bis max. 150.000 km Lackgarantie, 12 Jahre gegen Durchrostung, 7 Jahre bis max. 150.000 km auf die Antriebsbatterie, 2 Jahre ohne km-Begrenzung auf die Fahrzeugbatterie Service: alle 30.000 km oder alle 24 Monate

Technische Daten: Motor: permanenterregter Synchronmotor, 149,5 kW/203 PS Spitzenleistung, 53 kW/72 PS Nenndauerleistung, max. Drehmoment 350 Nm bei 0-4.000 U/min Getriebe: Eingangautomatik Antrieb: Heckantrieb Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h Beschleunigung 0-100 km/h: 9,4 s Leistungsgewicht: 12,04 kg/PS WLTP-Verbrauch: 20,2 kWh VOLKSBLATT-Testverbrauch: 22,6 kWh

Eckdaten: L/B/H: 5.015/1.9850/1.780 mm Radstand: 3.100 mm Eigen-/zul. Gesamtgewicht: 2.444/3.070 kg Anhängelast gebr./ungebr.: 900/450 kg Kofferraum: 308-2.393 Liter Frunk: 90 Liter Akku: 99,8 kWh Reifen: 4 x 255/60 R19 113V auf 19“-Alus

Sicherheit: Regelsysteme: ABS/EBV/ESP/ASR/BA/BSD/RSR/LKA/ACC/RCTA/TPMS Airbags: 8

Fakt ist, dass man nur mit billigen E-Autos – so um die 20.000 Euro – wirklich in die Breite kommen wird. Aber hier ist nach mittlerweile rund zehn Jahren, nachdem die Hersteller wieder E-Autos bauen, noch immer kaum Land in Sicht.

Ist aber auch kein Wunder. Die Entwicklung eines neuen Fahrzeugs kostet rund eine Milliarde Euro. Das Geld muss man den Aktionären zuliebe auch wieder verdienen und die Margen sind bei großen SUV deutlich höher als bei Kleinwagen.

In diesem Konzert mischt auch die südkoreanische Autoschmiede Kia mit, die schon ein hübsches Portfolio an E-Autos im Talon hat, aber nun noch mal einen oben draufsetzt. So viel zur Marge.

EV9 heißt der Wagen und er ist eine klare Ansage. Selbst die Basisversion kostet hierzulande mindestens 69.090 Euro und somit disqualifiziert er sich schon von vornherein für jedwede Förderung.

Was man dafür bekommt, ist dann allerdings nicht von schlechten Eltern. Denn der eckige Siebensitzer fährt mit so gut wie allem vor, was ein Auto anno 2024 haben kann.

Das startet bei den LED-Scheinwerfern, elektrischer Heckklappe, ausfahrbaren Türgriffen, Alufelgen, Keyless go und elektrischen Fensterhebern, zieht sich über zwei digitale Screens und Head-up-Display, Sitz- und Lenkradheizung und Sitzlüftung, induktiver Ladeschale, USB-C-Ports und elektrisch einstellbaren Kunstledersitzen bis hin zu zahllosen Assistenzsystemen, Wärmepumpe, Parksensoren, Sprachsteuerung, Rückfahrkamera und Vehicle-to-load-Funktion.

Das Reisen mit dem EV9 ist darüber hinaus sehr komfortabel. Dazu tragen mehrere Dinge bei. Die hohe Sitzposition, die bequeme Sitzposition, das fantastische Platzangebot oder auch die druckvolle Beschleunigung des 203-PS-Aggregats, das die Hinterräder ansatzlos bei guter Traktion vorwärts preschen lässt.

Der überraschend wendige EV9 ist bei seinen 2,4 Tonnen Leergewicht und 1,78 Metern Höhe nicht unbedingt ein Sparefroh, aber im Eco- oder im Komfortmodus bei sanftem Gasfuß relativ genügsam. Die Rekuperation lässt sich mittels Schaltpaddels am abgeflachten Lenkrad manuell einstellen.

Die 20,2 Kilowattstunden (kWh) Normverbrauch sind allerdings Utopie; in der Realität muss man zwei bis drei Kilowattstunden draufschlagen, was bei 99,8-kWh-Akku 400 Kilometer Reichweite realiter bewirkt. Bei erlaubtem Autobahntempo nimmt jedoch die Reichweite rapide ab.

Grandios ist die Ladeleistung. Dank 800-Volt-Technik gönnt sich der EV9 auch über einen längeren Zeitraum 200 kW an der Schnellladesäule. 50 kW – und damit reden wir von der Hälfte der Akkukapazität – sind somit binnen gut 15 Minuten im Unterboden des fein verarbeiteten Fahrzeugs drinnen.

Der Fünfmetersiebensitzer ist auch überraschend wendig, die Lenkung angenehm direkt, die Bremsen gut dosierbar – lediglich die Assistenzsysteme sonder Zahl sind teils hypernervös.

Das Infotainmentsystem ist in Sachen Bedienbarkeit kinderleicht aufgebaut. Die Sprachsteuerung leistet sich nur geringfügige Aussetzer und für manche Funktionen gibt’s zum Glück auch noch echte Knöpfe; entweder am Lenkrad oder an der Fahrertür.

Das Platzangebot sei schlussendlich auch nochmals erwähnt. Das ist zwar bei fünf Metern Länge nicht sonderlich überraschend, aber auch voll besetzt bietet der EV9 wohlfeile 309 Liter Kofferraumvolumen; wobei sich die Heckklappe selbstverständlich elektrisch öffnen lässt.

Fazit

Bei Kia das Maß aller Dinge und hierzulande der größte E-Pkw-Vertreter mit bravourösen Fahreigenschaften und toller Serienausstattung. Dank Vehicle-to-load-Funktion auch als Stromspeicher einsetzbar und somit auch diesbezüglich eine Überlegung wert, wenn man ein Eigenheim samt PV-Anlage und Wallbox sein Eigen nennt – und das nötige Kleingeld mitbringt.

Von Oliver Koch

KiaEV9 5
KiaEV9 4
KiaEV9 1
KiaEV9 3
KiaEV9 8
KiaEV9 6
KiaEV9 7
KiaEV9 9
KiaEV9 10
KiaEV9 11
KiaEV9 12
KiaEV9 13
Die mobile Version verlassen