Nissan Townstar: Raumwunder mit Stecker für die Kurzstrecke

So gemein das vielleicht klingen mag: Ein Auto ist ein Gebrauchsgegenstand, um Personen und Gepäck von A nach B zu transportieren. Genau diese Aufgaben erfüllt der elektrisch Nissan Townstar nahezu perfekt; allerdings nur für kurze Wege.

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Ein Hochdachkombi fällt nicht unbedingt in die Kategorie der Fahrzeuge mit der größten Fangemeinde – was natürlich auch dem Äußeren geschuldet ist. Der Nissan Townstar – ein Derivat des Renault Kangoo – vermittelt dann auch auf seinen 16-Zoll-Alufelgen eher den Eindruck eines Biedermanns als den eines Brandstifters.

Schnörkellos mit klaren Linien und Kanten reckt sich der Fünfsitzer mit seinen Schiebetüren – mit Kindern immer ein Vorteil – knapp viereinhalb Meter in die Länge und 1,86 Meter in die Höhe. Optisch gelungen, aber ohne Auffälligkeiten und Emotionen; halt ganz dem ureigensten Zweck des Transporteurs von Personen und Dingen verpflichtet.

Da vermittelt der Innenraum in der höchsten Ausstattungslinie namens Tekna schon deutlich mehr Emotionen, denn von einer Nutzfahrzeugatmosphäre ist man im Townstar weit entfernt. Etwas verspielt, hochwertige Materialien, saubere Verarbeitung, viele Ablagen und ein Infotainmentsystem, das intuitiv bedient werden kann.

Typenschein

Nissan Townstar Tekna

Preis: ab € 52.480,- inkl. Steuern und Abgaben; Testwagenpreis € 52.480,-; einen Nissan Townstar (Acenta) gibt es ab € 49.980,- NoVA/Steuer: 0 %/ € 0,- jährlich Garantie: 3 Jahre bis max. 100.000 km, 3 Jahre Lackgarantie, 12 Jahre gegen Durchrostung, 5 Jahre bis max. 100.000 km auf elektrofahrzeugspezifische Bauteile, 8 Jahre bis max. 160.000 km auf Lithium-Ionen-Batterie Service: alle 20.000 km oder jedes Jahr

Technische Daten: Motor: fremderregter Synchronmotor, 90 kW/122 PS Spitzenleistung, 51 kW/69 PS 30-Minuten-Leistung, max. Drehmoment 245 Nm bei 1.600-3.500 U/min Getriebe: Eingangautomatik Antrieb: Frontantrieb Höchstgeschwindigkeit: 132 km/h Beschleunigung 0-100 km/h: 12,6 s Leistungsgewicht: 15,3 kg/PS WLTP-Verbrauch: 19,2 kWh VOLKSBLATT-Testverbrauch: 24,7 kWh

Eckdaten: L/B/H: 4.486/1.860/1.838 mm Radstand: 2.760 mm Eigen-/zul. Gesamtgewicht: 1.869/2.370 kg Anhängelast gebr./ungebr.: 1.500/750 kg Kofferraum: 542-1.730 Liter Akku: 45/44 kWh brutto/netto Reifen: 4 x 205/60 R16 96H auf 16“-Alus

Sicherheit: Regelsysteme: ABS/EBV/ESP/ASR/BA/BSD/RSR/LDW/RCTA/TPMS Airbags: 6

Dieses hat nur einen Schwachpunkt: es ist träge. Davon abgesehen gibt sich der Townstar innen keine Blöße: Die Vordersitze entpuppen sich als bequem (auch auf der Langstrecke), das Lederlenkrad liegt angenehm in der Hand und die Freunde der analogen Knöpfe und Schalter müssen beispielsweise bei der Klimaautomatik nicht auf diese verzichten.

Famoses Platzangebot aber geringe Reichweite

Ein Knackpunkt ist bei einem Hochdachkombi das Kofferraumvolumen. Nissan gibt hier übrigens als größtes Laderaumvolumen 1730 Liter an. Zu fünft sind es mehr als ausreichende 542 Liter. Also ein Raumwunder auf 4,486 Metern Länge, denn das Platzangebot ist auch in Reihe zwei mehr als annehmbar.

Nicht annehmbar ist allerdings die Reichweite des Townstar; vor allem, wenn man ab und zu weitere Strecken zurücklegen will. Nissan gönnte dem E-Auto einen 45 Kilowattstunden (kWh) großen Akku im Fahrzeugboden, wovon 44 kWh auch nutzbar sind. Bei hundert Prozent Akkustand stehen dann im digitalen Cockpitdisplay 202 Kilometer Reichweite – die allerdings nicht einmal als Näherungswert taugen.

Im VOLKSBLATT-Test musste der Townstar auf der Autobahnfahrt von Brunn am Gebirge ins rund 170 Kilometer entfernte Enns einen Zwischenstopp an der Ladesäule einlegen. Sonst wäre der Hochdachkombi bei 105 km/h Tempomat-Tempo bei kühlen, aber keineswegs kalten, Temperaturen spätestens bei Haag liegengeblieben.

Dazu gesellt sich leider eine nicht mehr zeitgemäße maximale theoretische Ladeleistung von 80 kW, die in der Praxis dann auch nicht erreicht wird. Gut 60 kW sind in der Praxis die Norm.

Das trübt natürlich die Freude, denn ansonsten gibt sich der Elektro-Biedermann kaum Blößen. Der Antritt des frontgetriebenen Hochdachkombis ist im Normal- aber auch im Eco-Modus zügig, die Lenkung willig und feinfühlig und die Traktion aller Ehren wert.

Die Assistenzsysteme arbeiten zuverlässig und nicht allzu panisch, die Bremsen sind gut dosierbar und Wind- und Abrollgeräusche halten sich auch in Grenzen. Ein Kurvenräuber ist der Townstar mit seinen 1,84 Meter Höhe Gardemaß naturgemäß nicht. Seine Stärken spielt der wendige Japaner auf der Kurzstrecke und in der Stadt aus.

Etliche Assistenzsysteme serienmäßig an Bord

Was letztendlich noch positiv auffällt ist die umfangreiche Serienausstattung. Diese umfasst nicht nur etliche Assistenzsysteme (angefangen vom Toter-Winkel-Warner über Spurhaltewarner bis hin zur Müdigkeitserkennung) sondern auch zahlreiche weitere Annehmlichkeiten wie 360-Grad-Kamera, Smartphone-Kopplung, induktive Ladeschale, Sitzheizung, LED-Scheinwerfer und das volle Airbag-Paket.

Fazit: Nicht gerade preiswertes, aber solide ausgestattetes, viel Platz bietendes und familienfreundliches Elektroauto für die Kurzstrecke. Eine Wallbox daheim ist jedoch von Vorteil.

Von Oliver Koch

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