Ein Glas Rotwein, ein fruchtiger Cocktail, ein Faschingskrapfen oder der Kakao – der Genuss kann Blähungen und Durchfall auslösen, begleitet von Bauchschmerzen. Denn: Jeder zweite Erwachsene hat eine oder mehrere Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Auslöser sind Inhaltsstoffe im Essen und Trinken wie Laktose, Fruktose oder Sorbit.
Bei einer Histamin-Unverträglichkeit kommen zu den Verdauungsbeschwerden Kreislaufprobleme dazu. „Von einer Krankheit zu sprechen, wäre aber übertrieben“, sagt Primar Univ.-Prof. Rainer Schöfl, Leiter der Abteilung für Gastroenterologie & Hepatologie, Endokrinologie, Stoffwechsel und Ernährungsmedizin am Ordensklinikum in Linz: „Unverträglichkeiten erhöhen weder das Darm-krebsrisiko, noch schädigen sie die Organe. Sie können aber die Lebensqualität beeinträchtigen.“
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Milch- und Fruchtzucker machen am häufigsten Probleme
Die häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten betreffen Laktose (Milchzucker) und Fruktose (Fruchtzucker). Von einer Milchzucker-Unverträglichkeit sind hierzulande 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung betroffen, weltweit sind es 80 Prozent. Die Beschwerden seien aber dosisabhängig. Das heißt, manche vertragen etwas Milch oder zwei Zwetschken, aber nicht mehr. Andere zeigen schon bei kleineren Mengen Symptome wie Blähungen und Durchfall.
Eine Sorbit-Unverträglichkeit ähnelt stark der Fruktose-Intoleranz, wobei Sorbit nicht nur im Obst, sondern auch als künstlicher Süßstoff etwa im Kaugummi enthalten ist.
Histamin findet man überall, wo Lebensmittel haltbar gemacht werden, etwa im Prosciutto, im Parmesan, aber auch in Fischkonserven und bei eingelegten Gurkerln oder Kapern.
Histamin macht den Wein unverträglich
Geht es um schwer verträgliche Getränke, ist oft Histamin die Ursache. Meist ist es der Wein, der Beschwerden verursacht. „Der Histamin-Gehalt kann je nach Weinbaugebiet, Lage und Jahrgang ganz unterschiedlich sein. Damit werben auch bereits manche Winzer, die histaminarmen Wein anbieten“, sagt Schöfl. Sein Tipp: „Man kann nur selbst testen, welche Weine man gut verträgt.“
Beim Bier besteht die Möglichkeit einer Getreide-Unverträglichkeit, meist wird es aber gut vertragen. Cocktails mit Fruchtsäften können bei Sorbit- oder Fruktose-Intoleranzen Probleme bereiten.
Selten, aber schwer erkennbar ist die Sulfit-Unverträglichkeit. Sulfit wird zum Konservieren von Lebensmitteln verwendet. Auch Weinfässer werden ausgeschwefelt, was zu Beschwerden beim Weingenuss führen kann. „Sulfite findet man aber auch im folierten Sandwich oder in der Fertigpizza und sind auf Verpackungen an den entsprechenden E-Nummern erkennbar“, erklärt der Ernährungsmediziner.
Nicht mit einer Allergie verwechseln
Eine Weizen-Unverträglichkeit dürfe man nicht mit einer Allergie oder mit der Autoimmun-Erkrankung Zöliakie verwechseln. „Eine Allergie ist eine Immunreaktion, die ganz anderen Gesetzmäßigkeiten folgt als eine Intoleranz. 1,5 Prozent der erwachsenen Österreicher leiden an einer Nahrungsmittel-Allergie, diese betrifft nicht nur Weizen, sondern auch Milch, Eier, Soja, Meeresfrüchte oder Nüsse“, so Schöfl. Eine Weizen-Unverträglichkeit dagegen macht etwa fünf Prozent der Bevölkerung zu schaffen.
Die Symptome einer Nahrungsmittelunverträglichkeit betreffen den Verdauungsapparat, es sind Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall. „Bei einer Histamin-Intoleranz kommen Kreislaufprobleme, rote Flecken, Atemnot und Kopfschmerzen als mögliche Symptome dazu“, weiß Schöfl.
Atemluf-Test oder Nahrungsmittelkarenz
Die Patienten, die wegen einer Unverträglichkeit ins Spital kommen, sind meist zwischen 15 und 40 Jahre alt. Um eine sichere Diagnose zu stellen, gibt es eine Reihe von Tests. „Für Laktose, Fruktose und Sorbit gibt es sehr gute Atemluft-Tests, die aber zeitaufwändig sind“, sagt Schöfl. Deshalb teste man erst, wenn ein klarer Verdacht vorliege.
Ansonsten ist die beste Lösung die sogenannte FODMAP-Diät. „Wenn Patienten mit chronischen Blähungen und Durchfall ins Spital kommen, übernimmt die Diätologin und sorgt dafür, dass drei Wochen lang bestimmte Lebensmittel wie Milch, Weizen, Obst und andere weggelassen werden – wenn die Beschwerden verschwinden, geht man von einer Unverträglichkeit aus“, erklärt Schöfl. Im nächsten Schritt kommt alle paar Tage wieder ein Nahrungsmittel auf den Speiseplan, bis man herausgefunden hat, welches die Beschwerden verursacht. „Wenn trotz strenger Diät keine Veränderung eintritt, liegt keine klassische Nahrungsmittelunverträglichkeit vor, sondern eher ein Reizdarmsyndrom oder Zöliakie“, so der Mediziner.
Abstinenz und Traubenzucker
Die Therapie einer Nahrungsmittelunverträglichkeit besteht in der Regel darin, die betreffenden Speisen wegzulassen. „Ich rate aber nicht zur völligen Abstinenz, damit der Körper nicht die verbleibenden Fähigkeiten im Umgang mit dem Lebensmittel verliert“, sagt Primar Schöfl. Bei einer Laktose-Unverträglichkeit könne man Laktase-Tabletten einnehmen, die helfen, den Milchzucker abzubauen. Ähnliches gebe es auch für den Histamin-Abbau, das funktioniere aber nicht so gut. „Ein guter Trick bei einer Fruktose- oder Sorbit-Unverträglichkeit ist die gleichzeitige Einnahme von Traubenzucker. Das ist zwar nicht besonders gesund, erhöht aber die Aufnahmefähigkeit und reduziert die Beschwerden.“
Da eine Unverträglichkeit meist genetisch bedingt ist, verschwindet sie üblicherweise auch nicht mehr. Eine Ausnahme sind sogenannte sekundäre Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie sie bei unbehandelter Zöliakie, Morbus Crohn oder Darminfekten auftreten können. „Die Menschen lernen aber, damit umzugehen“, sagt der Gastroenterologe. Vorbeugend einzelne Lebensmittel zu meiden, mache keinen Sinn.