Zufrieden und erfolgreich im Job

Ein Handbuch für Menschen mit Asperger Syndrom

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Einen Arbeitsplatz zu finden und zu halten ist für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) nicht einfach. Eine Online-Forschungsumfrage unter mehr als 400 autistischen Erwachsenen ergab, dass nur 24 Prozent in Vollzeit und 16 Prozent in Teilzeitbeschäftigung waren. Im Vergleich zu nicht-autistischen Befragten werden sie zudem häufiger wegen Angstzuständen, Depressionen oder anderer psychischer Ursachen krankgeschrieben.

Der Klinische Psychologe Tony Attwood, der sich seit rund 50 Jahren mit Autismus auseinandersetzt, und seine Kollegin Michelle Garnett, die 30 Jahre Berufserfahrung mitbringt, haben mit dem Buch „Mit Asperger Syndrom im Job zufrieden und erfolgreich sein“, ein 7-Schritte-Programm für Betroffene geschrieben. (Trias-Verlag: ISBN: 978-3-432-11836-9)

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Sie empfehlen, sich im Selbststudium – eventuell auch mit Hilfe eines Mentors – für jede Einheit zwei Stunden pro Woche konzentriert Zeit zu nehmen. Dabei sollte jeder sein individuelles Lerntempo an den Tag legen. Ausgangspunkt ist, dass Menschen im Autismus-Spektrum viele Gaben und Stärken in die Gemeinschaft einbringen. Dabei haben sie eine andere, keine fehlerhafte Art der Wahrnehmung, des Denkens, Lernens und der Beziehung. Dafür benötigen sie aber eine Arbeitskultur, die sie unterstützt, die offen, flexibel und respektvoll ist.

Stärken und Herausforderungen

Bekannte Stärken von Menschen im Autismus-Spektrum sind die Liebe zum Detail, Loyalität, eine starke Konzentration auf die Arbeitsaufgabe, außergewöhnliche Kreativität, hoher Intellekt, kreative Problemlösungskompetenz, sensorische Wahrnehmung, ein starkes Engagement, hohe Standards bei ihrer Arbeit, Wissen sowie die Fähigkeit, Muster und Fehler zu erkennen.

Allerdings gibt es auch Herausforderungen: Sie haben etwa ein höheres Stressniveau, Probleme mit der sozialen Kommunikation und Perspektive einschließlich des Erkennens von Hierarchien und bei der Unterhaltung mit Kollegen, die über die Arbeit hinausgeht. Ebenso gibt es Probleme mit der Prioritätensetzung und Zeiteinteilung, der Bewältigung des Alltags hinsichtlich gesunder Schlaf- und Essensroutinen und eine Tendenz zur Selbstbeschuldigung.

Werkzeugkoffer

Die Autoren haben in sechs Stufen Aufgabenstellungen ausgearbeitet, die zu einem gut gefüllten Werkzeugkoffer für verschiedenste Problemlagen führen sollen. Die Stufe 7 dient dann dazu, das Erlernte in den Arbeitsalltag zu integrieren und zu festigen.

Werkzeuge zur Stressbewältigung: Für viele Menschen im Autismus-Spektrum fühlt es sich als normal an, die meiste Zeit übererregt oder extrem wachsam zu sein, sie befinden sich ständig in einem „Kampf- oder Flucht-Modus“, der allerdings für Körper und Geist extrem anstrengend ist. Häufige Auslöser für Angstzustände seien laut den Experten etwa, eine Unterbrechung der gewohnten Routine, die Erwartung sich auf eine bestimmte Art zu verhalten, aber nicht zu wissen wie. Von anderen für dumm oder inkompetent gehalten zu werden oder daran gehindert zu werden, bestimmte Routinen auszuführen.

Entscheidend sei, die persönlichen Anzeichen von Angst- und Stress zu kennen und zu lernen, sich zu entspannen. Etwa mit der Progressiven Muskelentspannung. Hilfreich sei auch ein Energietagebuch zu führen.

Werkzeuge für das sensorisches Management: Am häufigsten ist die Reaktion auf bestimmte Geräusche, aber auch Reaktionen auf taktile Erfahrungen, Lichtintensität, den Geschmack und die Beschaffenheit von Lebensmitteln und Aromen kommen vor. Ein oder mehrere Sinnessysteme können so beeinträchtigt sein, dass alltägliche Empfindungen als unerträglich intensiv oder aber scheinbar gar nicht wahrgenommen werden.

Begegnen könne man der Problematik durch persönliche Bewältigungsstrategien, aber auch durch Änderungen am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber.

Werkzeuge bei sozialen Schwierigkeiten: Jeder Mensch hat eine einzigartige Persönlichkeit – die Autoren vergleichen diese mit einer Puzzleform. In der Gruppe passen demnach manche Puzzleteile gut zusammen, oder man muss sich anpassen bzw. sich eine andere passende Form suchen. Die Klinischen Psychologen raten zum Aufbau eines Netzwerkes zur sozialen Unterstützung im persönlichen Umfeld, am Arbeitsplatz und eventuell auch durch einen Mentor.

Werkzeuge für mehr Selbstbewusstsein: In mehr als 40 Jahren Forschung hätte sich gezeigt, dass regelmäßige Mediation nicht nur gut für die körperliche und geistige Gesundheit sei, sondern auch wirkungsvoll für die Stärkung des Selbstwertgefühls.

Werkzeuge gegen nicht hilfreiche Denkmuster: Die Art und Weise, wie man über eine bestimmte Situation denke, bestimme zu einem großen Teil, wie man sich in dieser Situation fühle. „Wenn wir müde, ängstlich, wütend, gestresst oder deprimiert sind, neigen wir auch dazu, pessimistisch zu sein“, so die Klinischen Psychologen. Sie wissen, wie wichtig es daher sei, nicht hilfreiche Denkmuster zu erkennen und zu unterbrechen.

Organisatorische Werkzeuge: Beim Problemlösen scheinen Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen „einspurig“ zu denken und hätten erhebliche Schwierigkeiten, die Spur zu wechseln, während sie einen Gedankengang verfolgen. Dabei könne es auch organisatorische Probleme geben, etwa zu bestimmen, was für eine Aufgabe benötigt werde, zu planen, was in welcher Reihenfolge zu tun sei und wie das Zeitmanagement dazu aussiehe.

Persönlicher Beschäftigungsplan: Dieser soll dem Betroffenen und dem Arbeitgeber helfen, Strategien aufzuzeigen, wie sich der Erfolg am Arbeitsplatz einstellen könne. Dabei gilt es abzuwägen, was man von seiner Persönlichkeit wirklich preisgeben sollte.

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