„Leoparden von morgen“ in Locarno

73. Filmfestival ruft zum gemeinsamen Kampf: „For the Future of Films“

Das neueste Projekt der französischen Regisseurin Axelle Ropert ist das Drama „Petite Solange“.
Das neueste Projekt der französischen Regisseurin Axelle Ropert ist das Drama „Petite Solange“. © AFP/Getty Images/R. Marchant

Die 73. Ausgabe des Filmfestivals von Locarno unter der künstlerischen Leitung von Lili Hinstin findet derzeit bis 15. August aufgrund der Corona-Pandemie in veränderter Form statt: „For the Future of Films“ lautet der Titel des heuer in sechs Sektionen mit 121 Filmen präsentierten Filmschaffens.

Auf die bewährten Symbole des Festivals wie die große Freiluft-Leinwand auf der Piazza oder die Verleihung des Goldenen Leoparden muss verzichtet werden. Dennoch zeigt das zukunftsorientierte Programm ein facettenreiches Angebot, das sowohl online als auch in drei lokalen Kinosälen verfolgt werden kann. Prinzipiell können die Filme online gratis angesehen werden, um Spenden wird gebeten. Das Festival steht im Zeichen der Solidarität für die Zukunft von Filmschaffenden und Kino.

Eigene Kategorie für filmische Corona-Opfer

Die Sektion „The Films After Tomorrow“ vereint in einem internationalen und nationalen Sonderwettbewerb sowohl zehn internationale als auch zehn Schweizer Filme, die während der Corona-Krise nicht fertiggestellt werden konnten. Zu deren Bewertung werden auch dramaturgische Konzepte und Absichtserklärungen der Regisseure zur Vollendung der Werke herangezogen.

Als Beispiele des internationalen Wettbewerbs zeigen sich etwa vielversprechend „Chocobar“ der argentinischen Regisseurin Lucrecia Martel (Debüt mit „La Ciénaga“, 2008 folgte „The Headless Woman“). Die Doku ist eine Aufarbeitung des Todes von Javier Chocobar, der bei der Verteidigung der Rechte der indigenen Bevölkerung Argentiniens 2009 erschossen wurde.

Mit Spannung verfolgt wird auch das Projekt der Französin Axelle Ropert („La Famille Wolberg“, 2009), bekannt durch ihre Gratwanderung zwischen Komödie und existenzieller Melancholie: Ihr Adoleszenz-Film „Petite Solange“ zeigt die Gefühle der zwölfjährigen Solange, die sich der Trennung ihrer Eltern stellen muss. Die Unterbrechung des Films mit der zwölfjährigen Protagonistin Jade Springer stellt für dessen Fertigstellung eine besondere Herausforderung dar.

Reise in Vergangenheit trotz Zukunftsfokus

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Die Sektion „A Jouney in the Festival’s History“ bietet mit der Auswahl besonderer Filmereignisse eine nostalgische Reise in die 73-jährige Geschichte des Festivals. Zu sehen sind etwa „Der siebente Kontinent“ (1989) von Michael Haneke, „Comizi d’amore“ (1964) von Pier Paolo Pasolini oder „Germania anno zero“ (1948) von Roberto Rossellini. Filme also, welche Zeitenwenden thematisieren. Am Dienstag wurde zu Ehren des kürzlich verstorbenen Ennio Morricone Sergio Leones „Es war einmal in Amerika“ (1984) aufgeführt.

Die sich Kurzfilmen widmende Sektion „Leoparden von morgen“ bietet eine Auswahl von Erstlingswerken und ist in einen internationalen und einen nationalen Wettbewerb unterteilt. Seit 18 Jahren zeigt die Sektion „Open Doors Screenings“ Filme aus anderen Kontinenten, diesmal mit Schwerpunkt Südostasien und Mongolei. Die neu geschaffene Sektion „Open Doors“ zeigt Filme, die über das Filmfestival von Locarno die Filmgeschichte diverser Kontinente geprägt haben, etwa „Teza — Morgentau“ (2008) des äthiopischen Regisseurs Haile Gerima. Darin werden die Rückkehr eines Arztes nach Äthiopien und die dramatische medizinische Situation thematisiert.

Die Sektion „Secret Screenings“ soll die Zuseher mit ungewöhnlichen Blicken auf Vergangenheit und Gegenwart konfrontieren.

Programm und Filme können über www.locarnofestival.ch eingesehen werden.

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