Lust auf Franz Lehár und seine Musik

Lesebuch „Dein ist mein ganzes Herz“ zum 150er des Komponisten entzückt

Richard Tauber (l.) und Lehár 1926 in dessen Villa in Bad Ischl
Richard Tauber (l.) und Lehár 1926 in dessen Villa in Bad Ischl © Wolfgang W. Luif

Pünktlich zum heutigen 150. Geburtstag brachten Heide Stockinger und Kai-Uwe Garrels ein Lesebuch über den Komponisten Franz Lehár heraus. Dieses soll ausdrücklich keine Biografie sein, sondern Beiträge von Persönlichkeiten enthalten, die zu diesem Thema kompetente Aussagen machen können.

Biografien über Lehár gibt es ja schon genug, mindestens zehn an der Zahl – und es zeigt sich, dass auch Vergangenheiten dem Diktat der Zeit unterliegen. Sind doch, nur um zwei Beispiele zu nennen, bei jener der Maria von Peteani (1950) und des Bernhard Grun (1970) – auf die übrigens Bezug genommen wird – erhebliche Unterschiede in der Beurteilung festzustellen.

Beginnen wir also mit Christoph Wagner-Trenkwitz, der schon im Geleitwort feststellt, in Lehár einen der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts zu sehen – was auch zweifellos stimmt.

Wenn er aber bedauert, dass man eine Meisteroperette wie „Paganini“ nicht mehr zu hören bekommt, so drängt sich schon die Frage auf, warum der Chefdramaturg der Wiener Volksoper so wenig an der Spielplangestaltung seines Hauses teilnimmt. Mitherausgeber Kai-Uwe Garrels beleuchtet dann die frühen Jahre, ehe Michael Lakner als äußerst verdienstvoller ehemaliger Intendant der Bad Ischler Operetten-Festspiele in seinem Artikel „Wie inszeniert man Lehár im 21. Jahrhundert?“ anhand von drei Werken sich eher auf die (umgeschriebenen) Libretti beruft. Da hätte man gerne mehr darüber erfahren.

Unbeschadet dessen hat er sich aber um die weniger bekannten Titel (auch auf CD!) verdient gemacht. Hofrat Eduard Barth wiederum hat den „Libellentanz“ in Triest, die „italienische“ Umarbeitung des „Sternenguckers“, in launigen Worten beschrieben. Ein Verdienst stellt der Beitrag von Heide Stockinger über die Entstehung des Singspiels „Friederike“ dar, einer wirklich kostbaren Partitur, die zu Unrecht der Vergessenheit anheimfällt, wenngleich die Stoffwahl (Goethe) zumindest als problematisch gelten muss.

Historische Berichtigung

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Vor allem aber muss man dem Beitrag des ehemaligen Operettensängers (in den 90er Jahren auch in Linz) und nunmehrigen Universitätsprofessors Wolfgang Dosch Anerkennung zollen, der mit dem sagenhaften Unsinn einer „braunen“ Nähe von Franz Lehár aufräumt.

Lehár hat mit zahllosen jüdischen Librettisten zusammengearbeitet, ganz zu schweigen von seiner durch die Gestapo bedrohten jüdischen Gattin. Da gäbe es durchaus prominente Namen, die aber nicht einmal erwähnt werden. Er war eben in seiner Denkart ein klassischer Alt-Österreicher. Interessantes zu erfahren war über die beiden Villen in Ischl und Wien, wo Lehár viele seiner Werke schrieb.

Franz Lehár hat auch insofern ein wenig Pech beim heute sich stark verändernden Musiktheaterpublikum (so Heide Stockinger), da er beim „seriösen“ Teil nicht richtig ernst genommen wird, freilich auch mangels erforderlicher Kenntnis, und beim Teil des Unterhaltungspublikums erst recht nicht. Der Wiener Kritikerpapst Karl Löbl hat schon vor vielen Jahren geäußert, wie verkommen doch die U-Musik der Jetztzeit sei.

Franz Lehár hat damit gar nichts zu tun. Aber wer hat denn heute schon das nötige Sensorium, um die Sinnlichkeit seiner Musik zu verstehen? Immerhin, und das ist das größte Verdienst von Heide Stockinger, bekommt man bei der Lektüre ihres Buches so richtig Lust auf Lehár und seine Musik. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Vorspiel zur Operette „Eva“? Na dann.

Das Franz Lehár-Lesebuch „Dein ist mein ganzes Herz“ ist im Böhlau Verlag erschienen.

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