Auf Pirsch im Salzkammergut

Sie begleitet uns seit Beginn der Menschheitsgeschichte — die Jagd. Ursprünglich zur Nahrungsbeschaffung betrieben, entwickelte sie sich später zu einer Freizeitaktivität, die nur privilegierten Menschen, darunter auch der Familie von Habsburg, vorbehalten war. Das Jagen und Erlegen von Wildtieren ist fester Bestandteil des Salzkammergutes, das zeigt die Ausstellung „Wir jagen... im Salzkammergut“ der OÖ-Landes-Kultur-GmbH, die bis zum 31. Oktober im Bad Ischler Marmorsschlössel die Entwicklungsgeschichte der Jagd erzählt.

Ursprünglich als Frühstückssalon von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Joseph I. genutzt, dient das Marmorschlössl im Kaiserpark in Bad Ischl nun seit zwei Jahren als Ort für eindrucksvolle Ausstellungen rund um die Region Salzkammergut.

Heuer findet sich im ehemaligen Feriendomizil des Kaiserpaares bis 31. Oktober die Ausstellung „Wir jagen… im Salzkammergut“, die Einblicke in die Jagdgeschichte Österreichs gibt.

Insbesondere die jagende Frau steht dabei im Fokus – diese gab es immer, in historischen Büchern wurde sie jedoch nur selten thematisiert. Selbst die Kaiserin von Österreich war öfters auf der Pirsch, wenn auch ungleich seltener, als ihre männlichen Zeitgenossen.

Hirsch und Tiger sagen sich Gute Nacht

Ein Torbogen markiert den steilen Aufstieg zum Marmorschlössl Bad Ischl, in dem sich aktuell Hasen, Füchse, Hirsche und ein Tiger eine Unterkunft teilen. Beim ersten Blick ins Innere des Schlosses zeichnet sich jedoch ein schauriges Bild ab, das erahnen lässt, dass diese Tiere nicht mehr in lebendiger Form anzutreffen sind.

In blutrotem Samt prangt an der Wand das Wort „Blut“ und verrät dem Besucher, dass manch einer mit der bevorstehenden Ausstellung Neuland betritt. So gesteht auch Thekla Weissengruber, die Kuratorin der Ausstellung: „Ich habe noch nie in meinem Leben etwas mit Jagd zu tun gehabt. Dennoch ist es ein bedeutsamer Teil österreichischer Geschichte, der es wert ist, genauer betrachtet zu werden.“

Sie wisse, dass Jagd polarisiert, fügt sie hinzu und möchte mit der Ausstellung daher einen neuen Blickwinkel ermöglichen, welcher Kulturgeschichte und Natur miteinander verbindet. Der erste Raum im Untergeschoss ist auch der größte. „Die Landschaft im Inneren des Schlössels kann nur eine artifizielle sein, um den Glanz dieser übertragen zu können“, so Christof Cremer, Gestalter der Ausstellungsräume.

Daher hat man sich im ersten Raum für eine besondere Wanddekoration entschieden. Grün-goldene Tapeten zieren die Wände des Schlössels und stellen das Panorama des umliegenden Salzkammergutes dar. Hier befinden sich präparierte Exponate von Wildtieren und außergewöhnlichen Vogelarten. Ein kunstvoll in Szene gesetzter prachtvoller Hirsch steht auf einem Sockel, direkt daneben ein Wildschwein und ein Fuchs.

Mit Erzherzog Franz Ferdinand auf Pirsch

Wenige Schritte weiter stößt man in einem Raum auf Dutzende von Hirschgeweihen — ein Muster, das sich durch die ganze Ausstellung ziehen wird. Die Mitte des Raumes ziert ein Tier, das man im Salzkammergut eigentlich nicht erwarten würde. Auf einem Sockel prangt ein Tiger. Menschen, die mit der Geschichte der Habsburger besonders vertraut sind, wissen jetzt vielleicht, wer in diesem Zimmer im Fokus steht: Erzherzog Franz Ferdinand.

Der Neffe des Kaisers verbrachte einen Großteil seiner Lebzeit auf Jagdreisen und schoss mehr als 277.000 Tiere (täglich etwa 30!), wie die Tapete bestehend aus einer Strichliste verdeutlichen soll. Eine von ihm geführte Schussliste befindet sich inmitten der Hirschgeweihe an der Wand und dokumentiert die Jagderfolge bis zu seinem Tod. Gekrönt wurde sein Jagderfolg von einem Tiger, der ihm bei einer Reise durch Indien vor die Flinte kam. Nach der Pirsch geht es ans Eingemachte. Ein mit Kupfer verkleideter Nebenraum widmet sich der Zubereitung des geschossenen Fleisches und zeigt an den Wänden verschiedene Gerichte und Tafelordnungen des 17. Jahrhunderts.

Von den Decken hängen alte Kupfertöpfe und Pfannen, die zur Zubereitung der Speisen verwendet wurden. Ein ausliegender Flyer gibt einen kleinen Einblick in die Rezepte von damals, den sich die Besucher als Inspiration für künftige Wildzubereitungen mitnehmen können. Vom Untergeschoss geht es mehrere Stockwerke hinauf in das Obergeschoss zu den Waffen. Geleitet wird der Aufgang von Hundebildern an den Wänden — denn was wäre ein Jäger ohne seinen treusten Begleiter? Oben angekommen ertönt auch schon das Horn, das zur Jagd ruft.

Schießstand im obersten Stockwerk

Von der Armbrust bis zu modernen Gewehren finden sich hinter einer Vitrine die verschiedensten Jagdwerkzeuge der letzten Jahrzehnte. Interessierte können im angrenzenden Schießkino selbst Hand anlegen und erste Schießversuche unternehmen. Das erste Zimmer des Obergeschosses widmet sich erneut der Familie Habsburg, insbesondere Kaiser Franz Joseph I.. Der Raum zeigt deutlich, welches Frauenbild zur damaligen Zeit herrschte, was sich auch in Bezug auf die Jagd widerspiegelt. So beschreibt Marie Valerie, Erzherzogin von Österreich, in ihrem Tagebuch, die Vorfreude auf die bevorstehende Jagd am Offensee.

Oben angekommen wurde ihre Vorfreude schnell im Keim erstickt, als ihr Vater Kaiser Franz Joseph I. sagte: „Bei der Jagd können wir auf die Frauen verzichten, die Männer gehen jetzt auf den Jagdstand.“ Kuratorin Thekla Weissengruber: „Das Attribut der Frau war, dass sie begleiten, aber keine aktive Rolle einnehmen darf. Das war das damalige Frauenverständnis. Wir wissen, dass es vereinzelt immer Jägerinnen gab, diese waren jedoch nicht so offensiv wie die Männer, sondern haben im Stillen und für sich gejagt.“

Der Raum, der sich thematisch mit den Habsburgern beschäftigt, zeigt auch, wie das typische Jagdhaus früher ausgesehen hat. Er ist ausgestattet mit einem antiken Ansitzstuhl sowie einem aus Jagdgeweihen aufgebauten Sessel. Im Hintergrund läuft der einzige Film, den der Kaiser zur Jagdausstellung 1910 gestattet hat.

Die Ausstellung im Marmorschlössel Bad Ischl zeigt, wie sich die Jägerei und die Stellung der Frau in Bezug auf die Jagd im Laufe der Jahre entwickelt habe. War sie ursprünglich nur ein Mittel der Nahrungsbeschaffung, dient sie heute in erster Linie dem Schutz der Natur, der Artenvielfalt und der Wildpflege. Wie die Jagd in Zukunft aussehen könnte, bleibt offen, klar ist jedoch, dass die Frau eine Rolle spielen wird.

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