Barrierefreiheit in Kirchen

Reicht eine Rollstuhlrampe und schon ist eine Kirche barrierefrei? Wie „singt“ ein Gebärdenchor? Wie erleben Menschen mit Sehbeeinträchtigung oder kognitiver Einschränkung den Gottesdienst? Was ist, wenn zwar die Kirche rollstuhlgerecht gebaut ist, aber der Weg dorthin nicht? Fokus Mensch hat den Karfreitag zum Anlass genommen, sich die Barrierefreiheit in den katholischen Kirchen in OÖ näher anzusehen.

Der Kirchenbesuch sollte auch für Menschen mit unterschiedlicher Beeinträchtigung möglich sein. © MIA Studio – stock.adobe.com

Im Zuge der „Langen Nacht der Kirchen in OÖ zeigte sich, dass mehr als zwei Drittel der 40 teilnehmenden Kirchen barrierefrei gestaltet sind. Knapp die Hälfte haben auch eine Induktionsanlage“, so die für die Veranstaltung Verantwortliche Maria Krone.

Wesentliche Voraussetzung für eine barrierefrei Kirche ist, dass sich Kirchengemeinde und Verantwortlichen der Bedeutung von Barrierefreiheit bewusst sind. Bei der Diözese Linz ist Andrea Peherstorfer als Leiterin des Behindertenreferats ein Sprachrohr für Menschen mit Behinderung. „Bewusstseinsbildung ist die zentrale Aufgabe meiner Arbeit. Alle Menschen müssen bei Kirche mitgedacht werden, Inklusion muss gelebt werden.“ So müsse u. a. auf die physische Barrierefreiheit der Kirchengebäude geachtet werden, insbesondere dann, wenn Um- oder Neubauten vorgenommen werden.

Hinsichtlich baulicher Maßnahmen ist die Rollstuhlrampe der Klassiker. „Optimal wäre noch der Einbau eines automatischen Türantriebs bzw. eines kraftunterstützenden Servo-Antriebs, sowie optische Kontraste und taktile Kennzeichnung der Türe“, erläutert Helene Fritsch, Mitarbeiterin von Fokus Mensch. Aufgrund ihrer Gehbehinderung kennt sie die Alltagstücken, die geschlossene Türen mit sich bringen, sehr genau und weiß auch alternativ einige kleine hilfreiche Tricks: „Menschen, die Rollstühle oder Rollatoren benutzen oder einen Kinderwagen mitführen, freuen sich über einen seitlichen Anfahrbereich von mindestens 50 cm neben dem Türdrücker. Dadurch wird die notwendige Bewegungsfläche zum Bedienen der Tür gesichert. Bogen- oder U-förmige Griffe sind mit einer Hand bedienbar. Bei Griffstangen sollten eine vertikal und eine horizontal angebracht werden, da bei deren Bedienung unterschiedliche Bewegungsabläufe erforderlich sind“, schildert Fritsch.

Zudem ist es wichtig, dass ausreichend Stellplätze für Rollstuhlfahrer oder zugängliche Sitzplätze für Menschen mit Gehbehinderungen vorhanden sind. Auch auf barrierefreie Sanitäranlagen sollte nicht vergessen werden. Und ist der Weg zur Kirche das Problem, „sollte beim jeweiligen Pfarr- sekretariat Bescheid sagt werden, was jemand genau braucht“, erklärt Andrea Mayer von der Linzer Pfarre Christkönig.

Gebärdenchor in Linz/Urfahr

Eine induktive Höranlage – Töne werden ohne störende Hintergrundgeräusche wiedergegeben – oder Gebärdensprachdolmetscher tragen wesentlich dazu bei, dass Menschen mit Hörbehinderungen aktiv am Gottesdienst teilnehmen können. Positive Beispiele: Es gibt regelmäßig eine Übersetzung der Hl. Messe in Gebärdensprache in der Pfarrkirche Schwanenstadt und in der Stadtpfarrkirche in Linz/Urfahr. In letzterer gibt es auch Österreichs einzigen Gebärdenchor, der bei fest- lichen Gottesdiensten auftritt. Hörende und Gehörlose gebärden gemeinsam die Liedtexte synchron zum Gemeindegesang. Durch dunkle Kleidung und die dazu kontrastierenden weißen Handschuhe werden die Gebärden deutlich sichtbar.

Für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung sind komplexe Texte, die nur vorgetragen werden, oft eine Herausforderung. „Es gibt die Bibel mit ihren Evangelien in leichter Sprache. Diese können etwa bei Begegnungsgottesdiensten eingesetzt werden“, informiert Peherstorfer.

„Grundsätzlich ist ein Kirchenbesuch mit Sehbehinderung kein allzu großes Problem“, schildert Susanne Breitwieser, Obfrau des Blinden- und Sehbehindertenverbandes OÖ. Die Lichtverhältnisse seien für Sehbeeinträchtige eher problematisch. Mehr Barrierefreiheit hinsichtlich Lesbarkeit kann mitunter die Schriftgröße eines gedruckten Textes bieten: „So ist zum Beispiel das Gotteslob in Großdruck und A4-Format erhältlich“, sagt Peherstorfer.

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