Bombenterror in Ebensee

Am 23. September 1963 wurden Ebensee und das Salzkammergut von einer Reihe von Sprengstoffanschlägen erschüttert. Um fünf Uhr früh wurde das Löwendenkmal gesprengt, um zehn Uhr sollten in Ebensee die damals noch im Ortszentrum befindliche Saline und die Feuerkogelseilbahn in die Luft fliegen.

1961 flogen ein Reiterstandbild in Waidbruck, ein Haus in Montan, 50 Strommasten rund um Bozen, sowie eine Andreas-Hofer-Statue am Berg Isel in die Luft. Das Verhältnis zwischen Österreich und Italien war ob der Südtirol-Frage extrem gespannt.
Im September 1963 waren sodann die Saline Ebensee, die Feuerkogelseilbahn und das Löwendenkmal Ziel von Anschlägen.

Die fünf Attentäter wurden Anfang 1965 bei einer Razzia in Genua verhaftet. Giorgio Massara gestand, Anführer der neofaschistischen Gruppe gewesen zu sein. Das Motiv war die Vergeltung für die Bombenanschläge in Südtirol. Alle fünf Attentäter sollen gute Kontakte zu Italiens Geheimdienst gehabt haben.

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Die fünf Italiener wurden zu sechs und neun Jahren Haft verurteilt, ein Beteiligter kam sogar mit einer Bewährungsstrafe davon. 1971 wurden die Urteile vom Oberlandesgericht in Venedig auf die Hälfte verringert.
Die einheimischen Zeitzeugen erinnern sich:

Der Ebenseer Johann Gaigg, damals 23, war Kabinenführer der Seilbahn: „Ich fuhr um 7:30 Uhr alleine auf den Berg, um die Schulkinder Karl Neubacher, Karl und Klaus Neuhuber, Regina und Verena Parzer abzuholen. Wieder in der Talstation angekommen, fiel mir ein mit schwarzen Isolierbändern am Laufwerk der Kabine befestigtes Paket auf. Als ich dabei auch Drähte und einen Wecker entdeckte, schoss es mir durch den Kopf: Eine Bombe! Schnell nahm ich das Paket vom Laufwerk und beförderte es auf die freie Seite der Talstation. Eine weitere Bombe war von der Unterseite der Kabine zu Boden gefallen. Zehn Minuten vor zehn Uhr kappte ich auf Anweisung der Gendarmerie mit einer Blechschere die Zündschnur der Bombe, deren Zeitzünder exakt auf zehn Uhr eingestellt war.
Da wurde das Erhebungskommando der Gendarmerie erneut alarmiert und zur Saline beordert, wo ebenfalls eine Bombe gefunden worden war. Auf dem Salinengelände detonierte um 10 Uhr der Sprengkörper. Der Gendarm Kurt Gruber kam bei dem Versuch, die Bombe zu entschärfen, ums Leben, zwei weitere Gendarmen wurden schwer verletzt.
Die Terroristen hatten also geplant, in Ebensee die Saline und gleichzeitig die Feuerkogelseilbahn in die Luft zu jagen. Der 23. September 1963 hat mich mein Leben lang begleitet. Beim Blättern im Familienalbum, bei Fragen von Interessierten oder bei einer Fahrt auf den Feuerkogel werde ich immer wieder an die dramatischen Ereignisse erinnert.“

Werner Feichtinger (77) aus Traunkirchen erlebte den Tag so: „Ich saß beim Frühstückstisch und hörte einen dumpfen Knall, ordnete diesen aber den Arbeiten im nahegelegenen Steinbruch Karbach zu. Kurze Zeit später machte ich mich als 17-jähriger Lehrling mit dem Moped auf den Weg in die Solvay Werke. Als ich beim Löwendenkmal vorbei kam, sah ich Felsbrocken auf der Straße liegen und musste dem Geröll ausweichen. Ich habe im Vorbeifahren jedoch nicht bemerkt, dass der Löwe gesprengt worden war! Erst am Arbeitsplatz habe ich vom Bombenanschlag erfahren. Irgendwie hat mich der Löwe mein Leben lang begleitet, auch weil ich von meinem Wohnhaus aus direkte Sicht auf das Denkmal habe.“

Karl Neubacher: Der heute 69-Jährige war eines der fünf Schulkinder, die mit der Bombe an Bord der Seilbahn zu Tal fuhren. „Ich bin mit der Frühkabine ganz normal ins Tal gefahren, von der Talstaton ging es schnurstracks in die Schule. Wir haben von der Bombe zu diesem Zeitpunkt nichts bemerkt. Erst in der Schule wurden wir von der Sprengung des Löwendenkmals informiert und der Unterricht wurde wegen des Bombenterrors frühzeitig beendet. Als wir wieder auf den Feuerkogel fahren wollten, war dies nicht mehr möglich. Die Seilbahn war außer Betrieb, das gesamte Areal abgesperrt und um die Talstation herrschte ein Auflauf von Presse und Polizei. Wir Kinder verspürten an diesem Tag keine Angst. Erst später sind mir so manche Gedanken gekommen. Aber ich ordne das dem Schicksal zu. Und das hat es am 23. September 1963 gut mit uns gemeint.“

Im Ortszentrum von Ebensee, beim Kriegerdenkmal, erinnert heute ein Mahnmal an die Ereignisse vom 23. September 1963 und an den tragischen Tod des Polizeibeamten Kurt Gruber.

Das Löwendenkmal, das anlässlich der Eröffnung der Seeuferstrasse am 3. August 1861 von einem unbekannten Meister geschaffen worden war, wurde beim Bombenanschlag fast vollständig zerstört. Nur die Rute des Raubtieres blieb erhalten.

Im Jahr 1964 wurde das markante Denkmal auf Initiative von Staatssekretär Vinzenz Kotzina, dem späteren Landeshauptmann Erwin Wenzl, dem NR-Abg. Josef Mittendorfer und Bürgermeister Josef Stummer vom Bildhauer Hans Schmidinger aus Linz – mit der Originalrute – wieder errichtet. Im Jahr 2010 wurde der Löwe einer Generalsanierung unterzogen.

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