Joy Williams: Stories

Besser können Kurzgeschichten kaum sein: Joy Williams erzählt sehr viel auf engstem Raum, ohne den Leser zu erdrücken. Die US-Autorin gibt oft mit einem einzigen Satz einiges von ihren Figuren und deren Handeln preis und trifft damit ins Mark.

Ihre „Stories“ – so auch der Titel des neuen Bandes – sind trotz der Dichte nicht überladen, aber poetisch und gleichermaßen verstörend, skurril und nachdenklich machend. Ein mehrmaliges Eintauchen in dieselben lohnt, es gibt immer Neues zu entdecken, vieles versteckt sich in Nebenbemerkungen und unter der Oberfläche.

Die Storys in „Stories“ gehen bis ins Jahr 1972 zurück, aber auch neuere Kurzgeschichten wie „Die Mutterzelle“ (2014) hat Williams ausgewählt. In Letzterer siedeln sich Mütter von verurteilten Mördern in einem Städtchen an und gründen eine Art Selbsthilfegruppe. Im Beitrag „Im Zug“ erkunden zwei Mädchen selbigen während einer nächtlichen Reise und „lernen dabei sich selbst und das Leben kennen“, wie der Klappentext passend zusammenfasst.

Erwartungen an die Charaktere und die Handlungen werden in den Kurzgeschichten gebrochen, immer wieder nehmen sie unvorhersehbare Wendungen, die gleichermaßen beunruhigend wie komisch sein können. Und immer wieder staunt man über die sprachliche Kraft der Autorin. Wolfgang Hauptmann

Joy Williams, „Stories“, dtv Verlag, 304 Seiten, 26,50 Euro

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