Wenn einem die Luft wegbleibt

Die Hitze wird vor allem in den Städten zunehmend zum Thema. Gab es in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwischen neun und 23 Hitzetage – Tageshöchsttemperatur von 30 Grad Celsius oder mehr – pro Jahr in den Landeshauptstädten, gehen die Prognosen bis 2100 von 40, manche sogar von 60 bis 80 jährlichen Hitzetagen aus. Dass die höheren Temperaturen auch den Menschen zusetzen, versteht sich von selbst. Die Hitze ist nicht nur für das Herz-Kreislauf-System, sondern auch für die Atemwege ein Problem.

Wenn der Klimawandel sich so weiter entwickelt, braucht es keinen Sommerurlaub mehr im sonnigen Süden, sondern dieser kommt auch in unseren Breiten an – mit all seinen Sonnen- und Schattenseiten.

„Hitze ist ein Stressfaktor und in Kombination mit hoher Schadstoffbelastung in der Luft, kann dies dazu führen, dass die Bronchialschleimhaut auch bei gesunden Menschen entzündet wird. In der Folge kann es zu einer krampfartigen Verengung der Atemwege kommen, vergleichbar mit Luftproblemen, von Asthma-Patienten. Entsprechend mehr Probleme werden Menschen bekommen, die bereits vorbelastet sind, sei es durch eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Lungenkrebs oder Asthma“, schildert Primar Univ.-Prof. Bernd Lamprecht, Vorstand der Linzer Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie.

„Asthmatiker trifft es aber früher und intensiver“, weiß Lamprecht: „Ihnen bleibt schon jetzt sprichwörtlich die Luft weg. Sie werden ihre Medikation dann früher benötigen, als bei weniger hohen Temperaturen.“

Dass körperliche Anstrengung bei Hitze die Problematik noch verstärkt, versteht sich von selbst. Daher wird gerade Herz-Kreislauf- Patienten geraten, sich bei hohen Temperaturen nicht anzustrengen. Und der Klimawandel wird sich angesichts der demografischen Entwicklung auch im Gesundheitssystem niederschlagen.

Trockene Schleimhäute filtern Luft schlechter

Hitze trocknet auch die Nasenschleimhäute aus, die als „Luftfilter“ dienen, entsprechend leichter können Viren eindringen. Durch trockene Heitzungsluft werden im Winter saisonale Erkältungskrankheiten wie grippale Infekte oder die Influenza (echte Grippe) begünstigt. Heiße Temperaturen führen aber auch zu einem Flüssigkeitsverlust, der nicht nur dem Herz-Kreislaufsystem zusetzt, sondern auch die Durchblutung der Lunge negativ beeinflussen kann.

Vor allem in den Ballungszentren tritt die schlechte Kombination von heißeren Temperaturen und größeren Mengen an Schadstoffen auf, die bei Trockenheit länger in der Luft schweben – am Land kann es am gleichen Tag durchaus um bis zu acht Grad kühler sein und in der Regel hat die Luft dort auch weniger Schadstoffe im Gepäck. „Bekannt ist, dass die Mortalitätsrate ab einer Tagesmitteltemperatur von 18 Grad ansteigt“, erläutert der Lungen-Primar. Der Luftfeuchtigkeit aber auch dem Sauerstoffgehalt ist es geschuldet, dass man am Meer eine Temperatur, die um fünf Grad höher liegt als in Österreich, besser verträgt, auch im Dschungel, wo die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist, werden andere Temperaturen vertragen.

Spaziergang im Wald entspannt

Abhilfe bei Problemen mit dem Atmen verschafft bei heißen Temperaturen ein Spaziergang im Wald, wo es in der Regel kühler und vor allem die Luft reiner ist. „Der Aufenthalt im Wald wirkt sich entzündungsreduzierend aus. Leider kann man aber nicht prophylaktisch viel gute Luft tanken – etwa im Sinne einer Kur –, um später bei widrigen Luftverhältnissen davon zu profitieren“, betont Lamprecht. Wiewohl man von Kindesbeinen an viel in der Natur unterwegs sein sollte, um sein Immunsystem abzuhärten. Durch Studien bewiesen ist, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, weniger häufig an Allergien leiden. Das ist insofern wichtig, weil sich durch die veränderten klimatischen Verhältnisse auch die Vegetation zunehmend verändert und für Allergiker härtere Zeiten anbrechen werden.

Etwa 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung leidet hierzulande an einer Allergie, manche trifft es schon im Kindesalter, andere in der Jugend oder erst im Erwachsenenalter. Letztere vor allem dann, wenn andere Pflanzen ins Spiel kommen. Der Großteil der Allergiker hat zwar mit der Hausstaubmilbe zu kämpfen (rund 60 Prozent), aber auch die Milbe erfreut sich bei einem moderaten Winter daran, sich intensiver vermehren zu können. In der Folge werden Betroffene mehr an klassischen Allergie-Symptomen leiden, es können aber auch bei bislang Nichtbetroffenen Probleme auftreten.

Pollensaison hat sich schon verlängert

Etwa 30 Prozent der Allergiker reagieren auf Pollen. Schon jetzt bringt es das Wetter mit sich, dass Erle und Hasel bereits im Dezember blühen, früher war das erst im März der Fall. Für Allergiker verlängert sich damit die belastende Zeit. Etliche Personen haben mit der Birke oder verschiedensten Gräsern zu kämpfen, relativ neu ist die Belastung durch das von den USA eingeschleppte Ragweed (Traubenkraut). Neu hinzukommen können Pflanzen aus dem mediterranen Raum wie Oleander, Palmen oder Eukalyptusbäume.

Entscheidend sei, das man frühzeitig versucht, die Allergie und ihre Symptome wie laufende Nase, geschwollene Augen, Juckreiz oder Quaddeln auf der Haut in den Griff zu bekommen, damit es nicht zu einem sogenannten Etagenwechsel kommt, das heißt auch die Bronchien befallen werden. Denn von den etwa sechs Prozent Asthmatikern in Österreich ist die Erkrankung zu 80 Prozent mit einer Allergie assoziiert.

Babys können sich besser anpassen

Während sich Babys, die von klein auf an höhere Temperaturen gewöhnt sind, besser darauf einstellen können als Erwachsene, ist es entscheidend, dass im Umfeld von Kindern nicht geraucht wird. Ebenso werden Kinder, die entlang einer stark befahrenen Straße aufwachsen und damit vermehrt mit Schadstoffen wie Feinstaub konfrontiert sind, eher Probleme mit den Atemwegen bekommen. „Faktum ist, dass die Lungen erst bis zum 18./20. Lebensjahr vollausreifen und ab dem 20. Lebensjahr pro Jahr einige Milliliter an Lungenfunktion verlieren.

Die Lungen von Kindern, die als Passivraucher aufwachsen oder von Jugendlichen, die schon bald selbst zum Glimmstängel greifen, haben einen gewaltigen Nachteil. Woher ihre spätere Einschränkung der Lungenfunktion rührt, lässt sich zwar schwer sagen, weil die meisten von ihnen diesbezüglich nicht untersucht werden“, sagt Lamprecht. Bekannt ist aber, dass sich das Risiko für eine Atemwegserkrankung erst sieben Jahre nach einem Rauchstopp normalisiert, in Sachen Lungenkrebs braucht es 15 Jahre. Wer statt zur klassischen Zigarette, zur E-Zigarette greift, eine Shisha raucht oder sich einen Tabakbeutel (Snus) in den Mundraum legt, tut seinem Körper auch nicht wirklich etwas Gutes.

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