Malen mit Nadeln und Faden

Dagmar Hochmayr- Neumann und ihre besondere Kunst des Stickens

Dagmar Hochmayr-Neumann hat ihre eigene Technik: Die Nadelskizze auf Tüll zeigt einen Hasen.
Dagmar Hochmayr-Neumann hat ihre eigene Technik: Die Nadelskizze auf Tüll zeigt einen Hasen. © Hochmayr-Neumann

Ein Kostüm aus einem Stoff mit Stickereien, den sie designt hat, trug die Queen zum 50. Thronjubiläum. Andere bestickte Stoffe aus ihrer Feder wandeln bei Chanel über die Laufstege.

In der Corona-Zeit hat sie angefangen, für sich selbst bezaubernde, filigrane Kunstwerke zu schaffen.

Dagmayr Hochmayr-Neumann (45) aus Scharten und ihre besondere Kunst der Stickerei: Auf zarten Leinwänden aus Tüll tummeln sich detailgetreu gestickte Tiere und ranken sich skizzenhaft Pflanzen.

Stickereien für Chanel

Nach der Modeschule in Ebensee hat Hochmayr-Neumann an der Linzer Kunstuni Textil studiert. Schon ihre Abschlussarbeit war Stickerei. „Bei uns zuhause wurde kreuzgestickt“, erinnert sich die Künstlerin im VOLKSBLATT-Gespräch. Nach dem Studium fing sie bei der renommierten Vorarlberger Stickerei Hoferhecht an, ist viele Jahre dort Chefdesignerin.

„Wir arbeiten für Chanel, aber auch Dior, Marc Jacobs und viele andere zählten zu unseren Kunden“, sagt Hochmayr-Neumann. „Und reiche Leute in Nigeria.“ In dem afrikanischen Land gelten Stickereien als Luxusgut. Wer es sich leisten kann, trägt Kleider aus aufwendig bestickten Stoffen.

Monatelange Handarbeit

Angesichts coronabedingter Kurzarbeit fand Hochmayr-Neumann Zeit, sich intensiver mit der Kunst des Stickens zu beschäftigten und neue Ideen zu kreieren: „Sticken hat sich lang nicht weiterentwickelt, weil man immer etwas kopiert hat. Umso spannender war das für mich.“ In unzähligen Stunden Handarbeit entstanden große Stickereien, die als Bilder die Wände im Haus der Künstlerin zieren. „Design ist kurzlebig. Jetzt arbeite ich teilweise drei Monate lang an einem Bild.“ Eine Arbeit, die für sie meditativen Charakter hat, Ausgleich und Entspannung ist und die „für Langsamkeit und Beständigkeit“ steht. „Und ich sticke nur für mich, kann machen, was ich will.“

Dafür hat sie ganz eigene Techniken entwickelt. Es fing mit einem Sichtschutz für den Eingangsbereich ihres Hauses an, der trotzdem lichtdurchlässig sein sollte: So wurde Tüll zur Leinwand für eine riesige Schafgarbe. „Das verbindet sich so schön mit dem Hintergrund.“ Wie beim Malen werden zuerst die Konturen gezogen, hier gestickt, danach entsteht in unzähligen Schattierungen das Motiv. Auf Skizzen liest man die Nummern und Bezeichnungen der Farbgarne, die jeweils verwendet werden. Sticken nach Zahlen, nur dass die Künstlerin selber die richtigen Farben für die finden muss.

Von Florfliege bis Erle

Was Hochmayr-Neumann darstellt, kommt aus der Natur: Tiere und Pflanzen, denen sie oft bei ihren Spaziergängen begegnet. „Das Tolle ist, dass sich Schönheit oft beim genauen Hinsehen zeigt“, sagt die Künstlerin. Das gilt für manche Insekten wie die gestickten Motten, die sich auf einem Rock der Künstlerin tummeln oder Florfliegen auf einem Bild.

Die Insekten werden zunächst gestickt und dann aufgenäht. „Es gehe nicht darum, Natur perfekt abzubilden, sondern so, wie sie ist“, sagt Hochmayr-Neumann. Wie das Blatt einer Schwarzerle, das jede Menge Löcher aufweist, das unglaublich echt aussieht, erst beim Betrachten aus nächster Nähe werden die Fäden sichtbar.

Wenn sie genug Arbeiten zusammen hat, möchte sie sie auch einmal ausstellen. Der alte Kirschbaum vor dem Haus könnte jedenfalls das nächste Motiv sein…

Von Melanie Wagenhofer

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