Massentestungen: Antigen-Tests und ihre Alternativen

Im Feld der Testmethoden auf das SARS-CoV-2-Virus hat sich viel weiterentwickelt. Mit den seit Herbst breit verfügbaren Antigen-Schnelltests lassen sich bei entsprechendem Aufwand in relativ kurzer Zeit große Massentestungen auf die Beine stellen – mit Abstrichen bei der Genauigkeit.

Andere, neue Methoden würden zwar den Erregernachweis genauer erlauben, ob sie für ein von der Regierung in den Raum gestelltes möglichst landesweites Screening infrage zu kommen, ist noch offen.

Der „Goldstandard“ für die Detektion von Covid-19-Infektionen ist weiter das PCR-Verfahren, mit dem selbst kleinste Mengen des Erbguts des SARS-CoV-2-Erregers mit großer Genauigkeit gefunden werden. Plant man nun ein möglichst landesweites Durchtesten der Bevölkerung bzw. großer Bevölkerungsgruppen – wie von der Bundesregierung bisher noch wenig konkret angekündigt – wäre ein solches Programm mit dieser Methode laut Experten am Treffsichersten.

Denn damit ließe sich bestmöglich ausschließen, dass Menschen, die den Erreger zum Testzeitpunkt in sich tragen, übersehen werden (falsch negative Ergebnisse) bzw. der Test bei Menschen anschlägt, die den Erreger gar nicht in sich tragen (falsch positive Ergebnisse).

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Beim diagnostischen Standardverfahren zum Nachweis wird das virale RNA-Genom zuerst aufgereinigt, dann in DNA überschrieben und Teile davon vervielfältigt. Die Detektion passiert dann in speziellen Q-PCR Maschinen basierend auf Sonden, die bei Kontakt mit den Gen-Abschnitten des Virus zu leuchten beginnen. Im herkömmlichen PCR-Verfahren muss ein komplexer und exakter Wechsel der Temperatur eingehalten werden, was nur mit Spezialgeräten bewerkstelligt werden kann, und etwa drei bis vier Stunden dauert. Die Methode ist also relativ ressourcen- und zeitaufwendig, was ihre Anwendung in richtig großflächigen Massentests sehr schwierig macht.

Anders die Antigen-Schnelltests, die bereits nach rund 15 Minuten ein Ergebnis liefern. In diesen Tests sind Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus enthalten, die entsprechend reagieren, wenn sie in der Probe mit charakteristischen Proteinen auf der Virus-Oberfläche konfrontiert sind. Wie verlässlich diese Methode, zu der mehrere namhafte Hersteller Produkte in großer Zahl anbieten, tatsächlich ist, wird seit einiger Zeit diskutiert. Erste Vergleiche solcher Tests mit PCR durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Österreich zu Herbstbeginn fielen vielversprechend aus.

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In einer Übersichtsarbeit des unabhängigen Wissenschafter-Netzwerks „Cochrane“ haben sich Forscher mit Corona-Schnelltests beschäftigt – darunter auch Antigentests. Derartige Verfahren schnitten demnach „nicht sonderlich gut ab. Antigen-Schnelltests übersahen 20 bis 70 Prozent der Infizierten je nach Qualität, Verfahren und Umsetzung“, heißt es in einer Aussendung der Donau-Universität Krems. Skeptisch zu Massentestungen auf Antigen-Basis zeigte sich in den vergangenen Tagen bereits Gerald Gartlehner, Direktor von „Cochrane Österreich“.

Wissenschafter an der Donau-Uni haben unter bestimmten Annahmen, was die Genauigkeit des verwendeten Tests und die Dunkelziffer Infizierter hierzulande betrifft, Berechnungen für Österreich angestellt. Würden fünf Millionen symptomfreie Österreicher mit Antigentests getestet, könne man mit rund 100.000 falsch positiven Ergebnissen rechnen. Gleichzeitig würden voraussichtlich rund 6.000 tatsächlich Infizierte übersehen. „Einmalige Massentests an der gesunden Bevölkerung sind fragwürdig“, so Gartlehner.

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Eine noch nicht von Fachkollegen überprüfte Studie des deutschen Virologen Christian Drosten und Kollegen attestiert den meisten untersuchten Verfahren recht hohe Qualität. Bei der Spezifität, also der Wahrscheinlichkeit, dass es zu falsch positiven Ergebnissen kommt, erreichten in der auf der wissenschaftlichen Plattform „medRxiv“ hochgeladenen Arbeit fünf von sieben Produkte einen Wert von zumindest nahezu 99 Prozent. Tatsächlich Infizierte erkannten alle Tests bis auf einen dann durchwegs treffsicher, wenn die Viruskonzentrationen so hoch waren, wie dies in den ersten Wochen einer Infektion zu erwarten ist. Sie erkennen also Menschen in jener Erkrankungsphase, in der sie vermutlich ansteckend sind, recht verlässlich, heißt es in der Arbeit. Die Verlässlichkeit hängt also auch zentral davon ab, welcher Antigentest verwendet wird.

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