Mehr häusliche Gewalt in OÖ: 4,5 Millionen Euro für Schutz

Häusliche Gewalt wird in Oberösterreich – verschärft durch die Corona-Krise – mehr und massiver, 2020 betreute das Gewaltschutzzentrum OÖ mit 2.840 Klientinnen und Klienten um acht Prozent mehr als im Jahr davor.

Das Sozialressort stellt 4,5 Millionen Euro für den Ausbau des Gewaltschutzes bereit, allein 2,9 Millionen sind 2021 für den Betrieb und Erhalt der fünf Frauenhäuser, sechs Übergangswohnungen und sieben Frauenberatungsstellen vorgesehen. Drei neue Frauenhäuser kommen.

„Wir haben ein gutes Angebot, das in Zeiten von Corona und dem Druck, der auf Frauen und Familien lastet, ausgebaut gehört, weil wir merken, dass es Zuwächse gibt“, sagte Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) in einer Pressekonferenz mit Eva Schuh, Leiterin des Gewaltschutzzentrums, und dem stv. oö. Polizeidirektor Erwin Fuchs am Mittwoch.

Die Anzahl der Morde an Frauen in Österreich habe sich von 2014 bis 2018 verdoppelt. 2020 wurden 24 Frauen ermordet, 2021 bereits vier Frauen offenbar von ihren Partnern umgebracht, so Gerstorfer. 2020 hatte die Polizei in Oberösterreich fast 1.600 Einsätze wegen häuslicher Gewalt. 2.040 Betretungs- und Annäherungsverbote wurden ausgesprochen. „2019 gab es 1.279 Gefährder, 2020 waren es 1.614, das entspricht einer Steigerung von gut 20 Prozent“, rechnete Fuchs vor. „Aufgrund meiner praktischen Erfahrung nehme ich an, dass ein nicht unwesentlicher Teil der 20 Prozent mit Corona zu tun hat“, sagte er und verwies auf Probleme wie Arbeitslosigkeit, viel Zeit zu Hause mit Home-Schooling und Home-Office sowie fehlende Auslandsurlaube.

Die Gewalt von Eltern gegen Kinder nahm ebenfalls zu. „2019 hatten wir 272 Fälle, 2020 waren es 405, das ist leider eine Steigerung von 49 Prozent“, sagte Schuh. Es gibt eine Kooperation mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft, und das Präventionsprojekt „Hinter der Fassade“ bietet Information und Hilfe für junge Menschen ab 14 Jahren.

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Generell sei das Klientel zu 80 Prozent weiblich, zu 20 Prozent männlich, wobei auch hier die Aggression von Männern ausgeübt werde, so Schuh. Ihr fiel vor allem auf, dass die Gewalt massiver werde. Die Herausforderung in der Gewaltschutzarbeit liege im Erstellen einer Gefährdungseinschätzung und eines individuellen Sicherheitsplans. „Wir wünschen uns, dass Stalkinganzeigen uns wieder direkt übermittelt werden“, so Schuh. „Derzeit können wir uns nicht mehr aktiv an die Opfer wenden und viele finden den Weg zu uns nicht.“

Die aktuelle Novelle des Gewaltschutzgesetzes habe das Annäherungsverbot eingeführt, womit sich ein Gefährder dem Opfer in einem Umkreis von 100 Metern nicht annähern darf. Damit ist das Verbot an eine Person und nicht an einen Ort gebunden. Auch die sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz – ein Instrument zur Vernetzung aller beteiligten Organisationen -, begrüßte Fuchs. Denn so sei nicht mehr möglich, dass zwar alle Bescheid wissen, aber nicht gemeinsam handeln.

Mit September 2021 sollen Gewaltpräventionszentren kommen. Dort muss sich ein Gefährder binnen fünf Tagen ab Anordnung des Betretungs- und Annäherungsverbotes melden.

Zwei der fünf bestehenden Frauenhäuser, jene in Ried und Steyr, werden 2021 durch einen Neubau ersetzt. In Braunau soll heuer der Bau eines neuen, mit 1,7 Mio. Euro budgetierten, Frauenhauses beginnen, zwei weitere sind im Mühlviertel – Baubeginn 2022 – und im Salzkammergut geplant.

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