Meinung

von Christian Haubner

Außergewöhnlich, aber verstörend

Kommentar zur Biden-Angelobung.

Mit der heutigen Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Joe Biden geht die außergewöhnliche und zum Teil verstörende Präsidentschaft Donald Trumps zu Ende.

Dieser wurde oft und viel gescholten. Ob zu Recht oder doch nicht, darüber kann der Versuch einer Bilanz Aufschluss geben.

Natürlich war nicht alles schlecht, was die Trump-Administration umgesetzt hat. Die Tatsache, dass gleich mehrere arabische Staaten diplomatische Beziehungen mit Israel aufgenommen haben, ist etwa mehr als bemerkenswert – wenngleich sich erst zeigen muss, ob das komplette Übergehen der Palästinenser letztlich zielführend sein wird. Auch die Corona-Impfstoff-Versorgung scheint in den USA den Umständen entsprechend gut zu funktionieren. Und dann ist da noch die durchaus zu würdigende Tatsache, dass Trump keinen Krieg begonnen hat.

Die Liste seiner Verfehlungen ist jedoch ungleich länger. Er hat internationale Partner verprellt, indem er wichtige Abkommen einseitig gekippt hat – Stichwort Atomabkommen mit dem Iran oder Klimaschutzabkommen. Sein planloses Vorgehen in der Corona-Frage hat das Land weit zurückgeworfen. Er hat frauenfeindliche und menschenverachtende Aussagen getätigt und mit seinen zahllosen Unwahrheiten und Manipulationen die Spaltung der gesamten US-Gesellschaft sowie deren Radikalisierung befeuert, was letztlich zum gewaltsamen Sturm auf das Kapitol geführt hat.

Es mag auf manche verführerisch wirken, dass jemand hemdsärmelig auftritt, auch einmal auf den Tisch haut, vermeintlich klare Aussagen tätigt und sich damit von gelernten Politikerinnen und Politikern abhebt.

Tatsache ist und bleibt aber: Politische Verantwortung wahrzunehmen ist eine komplexe Angelegenheit. Politik bedeutet nicht, den eigenen Willen auf Teufel komm raus durchzusetzen, sondern gute, nach Möglichkeit beste Kompromisse zu finden. Schließlich ist eine Gesellschaft nie homogen.

Dafür braucht es politisches Können, Verantwortungsbewusstsein, persönliche Reife sowie eine gehörige Portion Empathie, um verbindend wirken zu können. Diese Qualitäten ließ Donald Trump vermissen. Die Folgen seiner oft erratischen Vorgehensweisen werden Land und Gesellschaft lange beschäftigen. Die Schelte war berechtigt.

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