Ende einer Illusion

„Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt.“ So begründete der deutsche Verteidigungsminister Struck 2004 den NATO-Einsatz in Afghanistan. Wenn dem so war, dann ist der Fall von Kabul auch ein schwarzer Tag für Europa. Es ist nicht übertrieben, wie CDU-Chef Laschet vom „größten Debakel der NATO seit ihrer Gründung“ zu sprechen.

Nicht angemessen ist es jedoch, US-Präsident Biden wegen des überstürzten (von Vorgänger Trump eingeleiteten!) Abzuges zum Sündenbock zu erklären. Natürlich ist diese Flucht das letzte Kapitel eines Versagens. Was aber wäre die Alternative gewesen?

20 Jahre hindurch flossen Tausende Milliarden Dollars bzw. Euro nach Afghanistan, ohne dass dort ein landesweit funktionierender Rechtsstaat und nachhaltige Gleichberechtigung der Frauen entstanden. Viel von dem Geld war nur Futter für ein korruptes System. Unterschätzt wurde der Faktor Kultur&Religion: Denn die für uns mittelalterlichen Werte der Taliban werden nicht nur von diesen verbreitet, sondern sind — in unterschiedlicher Radikalität — Mainstream in dieser Region (und nicht nur dort). Der Westen muss sich verabschieden von der Illusion, alle Probleme dieser Welt lösen zu können. Europas Sicherheit kann nicht mehr am Hindukusch, sondern muss an seinen Außengrenzen verteidigt werden.

Die mobile Version verlassen