Meinung

von Manfred Maurer

Krisengewinnler

Kommentar zum türkischen Präsidenten Erdogan.

Recep Tayyip Erdogan zeigt in diesen Tagen einen Fluchtreflex. Der türkische Autokrat drängt raus aus der geopolitischen Schmuddelecke.

Geschickt nützt er dafür die Ukraine-Krise. Beim ersten Besuch eines israelischen Präsidenten in der Türkei seit zehn Jahren brachte sich Erdogan vor dem Hintergrund der europäischen Abkehr vom Russengas als energiepolitischer Partner ins Spiel.

Er fädelte erste direkte Verhandlungen zwischen den Außenministern der Ukraine und Russlands ein, geriert sich aber zugleich mit der Sperre des Bosporus für russische Kriegsschiffe als verlässliches Nato-Mitglied. Noch vor Kurzem hatte Erdogan die Verbündetem mit dem Kauf des russischen Luftabwehrsystems S-400 verärgert.

Auffallend auch: Europäische Kritik am pseudodemokratischen Sultan ist verstummt, auch Österreich auffallend zurückhaltend. In der Ukraine-Krise gibt es offenbar einen westlichen Konsens, Erdogan um jeden Preis bei der Stange zu halten.

Der könnte sich als hoch erweisen. Denn Erdogan bleibt Erdogan. Seine großtürkische Ambition ist ein permanentes regionales Kriegsrisiko und ähnelt Putins großrussischer Fantasterei. Nicht erkennbar ist auch eine Abkehr von der islamistischen Einflussnahme auf die türkische Diaspora in Europa. Erdogan als Ukraine-Krisengewinnler ist keine beruhigende Perspektive.

Das könnte Sie auch interessieren