Vielstimmig hallte das „Nie wieder“ gestern aus der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jersualem. Doch allen Wehret-den-Anfängen-Reden zum Trotz entfaltet das Antisemitimusvirus vielerorts schon wieder beängstigende Ansteckungskraft.
Die in Jerusalem gehörten Immunisierungsempfehlungen klingen gut: Dem wiederauflebenden Antisemitismus „energisch bei jeder Gelegenheit, sei sie noch so klein, entgegentreten“, riet etwa Bundespräsident Van der Bellen.
In der Realität allerdings bremsen nicht selten Staatsräson oder sonstige übergeordnete Interessen den Drang zum Entgegentreten. Selbst Israel ist davor nicht gefeit: So war Kremlchef Putin beim gestrigen Gedenken höchst willkommen, obwohl das offizielle Russland sich nie dem russischen Antisemitismus gestellt hat und eine kritische Betrachtung von Stalins Kumpanei mit Hitler bis heute verweigert.
„Selbst unser Bundespräsident könnte ein Lied singen von den Zwängen, die zum Leisetreten gegenüber Antisemiten führen.“
Auch unser Bundespräsident könnte ein Lied singen von den Zwängen, die zum Leisetreten gegenüber Antisemiten führen. Vor genau einem Jahr empfing er einen gewissen Mahathir Mohamad in der Hofburg. Der malaysische Premier findet, dass der „Holocaust als Endlösung versagt hat“. Das wäre eine gar nicht kleine Gelegenheit gewesen, dem Antisemitismus entgegenzutreten. Der sicher über jeden einschlägigen Verdacht erhabene Van der Bellen tat es nicht. Er wollte nur keinen Eklat…