Putins Rechnung

Es mag vorerst nur eine Drohung sein. Die Ankündigung der polnischen Regierung, der Ukraine keine Waffen mehr zu liefern, weil Getreideimporte aus dem Nachbarland heimischen Bauern einen Preisverfall bescheren würden, hat es aber in sich.

Die russische Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen erzielt die gewünschte indirekte Wirkung: es knirscht im Gebälk der Anti-Putin-Front. Wenn plötzlich einer der treuesten Verbündeten Kiews drei Wochen vor der Wahl seine bisherige Politik infrage stellt, nährt das Putins Hoffnung auf ein Zerbröseln der westlichen Einheit.

Nicht nur Polen wählt. Nächste Woche auch die Slowakei. In gut acht Monaten wird das Europaparlament neu gekürt, in einem Jahr die Landtage der ostdeutschen Bundesländer Sachsen, Thüringen, Brandenburg. Und nicht zuletzt der österreichische Nationalrat.

Überall droht der Ukraine-Krieg zentrales Wahlkampfthema zu werden, weil Putin-freundliche Populisten darauf setzen, dass die Solidarität mit der Ukraine die Opferbereitschaft der Bürger allmählich überfordert. Im anstehenden US-Wahlkampf wird es darum gehen, warum die Amerikaner für ein Problem der Europäer blechen sollen.

Wird das abstrakte Argument, dass es in der Ukraine auch um unsere Freiheit geht, noch ziehen? Man kann es nur hoffen. Denn wenn Putins Rechnung aufgeht, dann, gute Nacht Europa!

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