„Mit dem Film kann ich mich identifizieren“

Skilegende Franz Klammer (67) über Biopic zu Olympiaabfahrt 1976

Franz Klammer freut sich über die spezielle Verfilmung seines Lebens.
Franz Klammer freut sich über die spezielle Verfilmung seines Lebens. © APA/Punz

Nach vielen Absagen für Filmprojekte über sein Leben hat sich Skilegende Franz Klammer entschlossen, dem Filmprojekt „Klammer — Chasing the Line“ nicht nur seinen Segen zu geben, sondern auch aktiv mitzutun. Im Interview erzählt er, warum er sich so entschieden hat.

Herr Klammer — wie oft denken Sie an den 5. Februar 1976?

FRANZ KLAMMER: Im Alltag eigentlich überhaupt nicht. Aber ich werde immer wieder daran erinnert. Der verstorbene US-Politiker Richard Holbrooke hatte eine eigene Videokassette davon zu Hause, die hat er sich einmal in der Woche angeschaut und sich Inspiration daraus geholt. Ich schau mir das natürlich auch gerne an. Und das Gute dabei ist: Ich gewinne jedes Mal.

Der Film konzentriert sich auf Ängste, Zweifel und Bedenken und zeigt, dass es gar nicht so selbstverständlich war, zu gewinnen. Können Sie sich an Ihre Emotionen vor dem Rennen noch erinnern?

Ich glaube, der Film spiegelt meine damalige Situation ziemlich genau wider. Auch der Titel „Auf der Suche nach der Linie“ trifft das sehr gut.

Sie waren 22 Jahre alt, ein junger Bua, der trotzdem in vielem reif wirkte. Sind Sie damals durch den Sport früher erwachsen geworden?

Ich würde sagen, der Sport prägt einen schon, auch die Niederlagen. Ich wurde mit 16 aus dem Kader rausgeschmissen. Da hat der Vater gemeint, ich sollte jetzt einen normalen Beruf lernen — und ich hab gesagt: Ein Jahr würde ich schon noch gerne fahren. Er hat geantwortet: „Es ist Dein Leben!“ Ich bin sehr dankbar, dass er das zugelassen hat. Denn danach ist es bergauf gegangen. Aus jeder Niederlage holt man eine Erfahrung heraus, aus jedem Rennen lernt man etwas. 1974 war der Roland Collombin der schnellste Mann am Berg, und es war mir nicht möglich, ihn zu schlagen, weil ich immer an ihn gedacht habe. Irgendwann hab ich mir gesagt: Franz, was bist du für ein Dodl, tu einfach, was du am Besten kannst: Skifahren.

Im Film treffen Sie eine Reihe einsamer Entscheidungen: gegen das Equipment des Teams, gegen das Material der eigenen Skifirma, gegen die im Training gewählte Linie: Wie viel davon ist erfunden?

Das ist Realität. Es gibt ein paar Erfindungen im Drehbuch, aber das ist Realität. (schmunzelt)

Wie haben Sie sich das getraut?

Auf das bin ich eigentlich sehr stolz — dass ich unter diesem Druck so gehandelt habe. Ich hab mit dem Ski, mit dem ich im Endeffekt gefahren bin, vorher alle Rennen gewonnen. Das hat mir schon am Start immer Selbstvertrauen gegeben. Ich hab gewusst, ich kann nicht beim wichtigsten Rennen meines Lebens einfach einen neuen Ski nehmen.

Es soll bereits einige Filmprojekte gegeben haben, die Sie abgelehnt haben. Was hat Sie bewogen, jetzt mitzutun?

Ich wollte keinen Film haben, der einfach meine Lebensgeschichte erzählt, vom kleinen Franzi über den Teenager bis zum großen Sieger. Da ist das erste Mal die Idee aufgekommen, diese Woche kompakt zu verarbeiten, die sportlerisch wichtigste Woche meines Lebens. Das hat mir gut gefallen. Wie man das umsetzen kann, davon hatte ich keine Ahnung — aber wie man sieht, ist das sehr, sehr gut gelungen.

Hatten Sie keine Bedenken, zu viel von sich preiszugeben?

Nein, ich war offen dafür. Wenn man schon A sagt, muss man auch B sagen. Man hat ja ein bisschen Material für die Geschichte gebraucht, und wenn man sich verschließt, entsteht vielleicht ein Film, mit dem man sich nicht identifizieren kann. Mit diesem Film kann ich mich identifizieren. Es ist eine Zeitreise zurück zu dieser schönen Woche in Innsbruck.

Wo entfernt sich denn der Film am meisten von der Realität?

Zum Beispiel bei der Verabschiedung von meinen Eltern. Da bin ich nicht durch das Fenster vor den Leuten geflüchtet. Oder eine Kleinigkeit: Dass Gustav Thöni bei der Pressekonferenz eine Zigarette geraucht hat, ist auch erfunden. Ich glaube, er hat nie geraucht.

Das Leben im Olympischen Dorf wird recht locker gezeigt, mit Nikotin und Alkohol …

Alles erfunden. Wir waren abstinent. Aber im Film kommt es gut rüber. (lacht)

Wie gefällt Ihnen der Hauptdarsteller Julian Waldner?

Gut. Ich bin sehr zufrieden. Der Julian tut das auf seine eigene Weise. Die Spannungen und Emotionen, durch die ich gegangen bin, hat er sehr gut rübergebracht. Und natürlich gefällt mir die Eva auch gut. (lacht)

Haben Sie ihn denn auch schon skifahren gesehen?

Noch nicht. Aber wir sind dran. Am Patscherkofel war ich bei den Dreharbeiten wegen einer Knieverletzung leider nicht dabei. Aber die Rennaufnahmen sind ihnen sehr gut gelungen. Das Schwierigste war ja, Klammer-Style zu fahren, denn heute steht man viel kompakter über dem Ski und ist nicht so unsicher unterwegs, wie ich halt war. Das war bei den Aufnahmen die größte Herausforderung. (lacht)

Sie spielen in der Schlussszene auch selbst mit. Hat man Sie dazu überreden müssen?

Nein, dazu war keine Überredung nötig. Andreas Schmied hatte dafür genau das richtige Gespür und das auch sehr gut umgesetzt. Diese Schlussszene hat er wohl aus dem Bauch gemacht. Sie fügt sich sehr gut in den Film ein.

Mit FRANZ KLAMMER sprach Wolfgang Huber-Lang

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