Mit den Idealen konfrontiert

Johanna Moder entblößt eine Generation

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„Wir holen den Pavel nach Österreich!“ Die 40plus/minus-Gang ist sich einig. „Wir können endlich was machen.“ Sie sind es gewohnt, Dinge richtig schön auszudiskutieren, unter den Tisch zu diskutieren, könnte man auch sagen.

Sie sind in der Mittelschicht der Gesellschaft angekommen — sowohl was Intellektualität, Alter als auch Einkommen angeht. Und wer es mit dem Einkommen nicht so hat, der ist eben Künstler, oder macht mindestens etwas Kreatives.

Helene ist Richterin mit zwei Kindern, wunderschöner Wohnung in Wien, romantischem Häuschen im Waldviertel und tollem Künstlermann an ihrer Seite. Und mit einer Vergangenheit, zu der auch Pavel gehört.

Ideale schwarz-weiße Welt

Die Grazer Regisseurin und Drehbuchautorin Johanna Moder konfrontiert Helene und ihre Altersgenossen in „Waren einmal Revoluzzer“ mit ihren Idealen, die sie bei jeder Küchentischdiskussion bis aufs Blut verteidigen würden. Man weiß, auf wessen Seite man steht, was gar nicht geht und irgendwie ist diese Welt — obwohl man das absolut und unbedingt ablehnt — sehr schwarz-weiß. Nichtsdestotrotz: Pavel wird gerettet aus dem Moskauer Untergrund, wo es für ihn als Dissident zu gefährlich wird. Und so einen Helden, einen Kämpfer für das Gute — mit dem kann man sich auch in Wien gut schmücken. Als Pavel dann mit Frau und Kind ankommt und die so gar nicht die Geretteten sind, demütig und dankbar, wird das Einstehen für die Ideale plötzlich ganz handfest und schwierig. Pavel (Tambet Tuisk) und Eugenia (Lena Tronina) machen sich breit, nehmen sich Raum und Platz. Helene fürchtet schnell um Wohlstand, Bequemlichkeit und Job.

Moder hat einen Film über eine Generation geschaffen, die sich gerne über andere erhaben fühlt, die allumfassende Weisheit mit dem Piper gelutscht zu haben glaubt, entspannt in den 80ern aufgewachsen und gut gerüstet in die Welt der Selbstdarstellung im weltumspannenden Netz gerutscht ist. Zu allem eine Meinung zu haben ist ja nicht grundverkehrt, sie zu leben im eigenen bieder gewordenen Leben mitunter wahnsinnig schwierig.

Besetzt hat Moder ihre Tragikomödie vorzüglich. Julia Jentsch gibt hervorragend eine Richterin, die zu wanken beginnt; eine vielschichtige Figur, die sich nach und nach offenbart. Und Manuel Rubey könnte besser den an sich schon nicht so standfesten Künstler im Waldviertel nicht darstellen.

Aenne Schwarz und Marcel Mohab bringen als befreundetes Pärchen Tina und Volker weitere Facetten von mehr oder weniger sturmfesten Haltungen ins Spiel.

Minute für Minute enttarnt Moder die kleinen und großen Lügen, die so ein Leben zusammenhalten.

Ab sofort im Kino

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