Montenegros Außenminister: Beziehungen zu Serbien auf Tiefpunkt

Die Beziehungen zwischen Montenegro und Serbien sind seit längerem angespannt. Nun haben sie nach Meinung von Montenegros Außenminister Srdjan Darmanovic „einen Tiefpunkt erreicht“, seitdem sich sein Land 2006 nach einem Unabhängigkeitsreferendum aus dem Staatenbund mit Serbien losgelöst hatte.

Serbien würde sich ständig in die inneren Angelegenheiten Montenegros einmischen, besonders seit der Erlassung des Gesetzes zu Religionsfreiheiten im Dezember 2019, kritisierte Darmanovic in einem Interview mit der serbischen Tageszeitung „Danas“ am Dienstag. Außerdem würde Serbien nicht akzeptieren, dass Montenegro ein unabhängiger und souveräner Staat sei, der sich in seiner Innen- und Außenpolitik von seinen nationalen Interessen leiten lasse, klagte der Außenminister.

Aktuell für Konfliktstoff zwischen den beiden Staaten sorgt die jüngste Entscheidung der montenegrinischen Behörden, nach der Coronavirus-Pandemie Anfang Juni die Grenzen zu den Nachbarstaaten wieder zu öffnen – allerdings nicht auch für serbische Bürger Serbiens. Als Begründung wurden die angeblich hohen Infektionszahlen im Nachbarland genannt.

Serbiens Politiker, darunter auch Ministerpräsidentin Ana Brnabic, kritisierten die Entscheidung als „politisch“. Immerhin wurden vergangenes Wochenende in Serbien rund 4.000 Kranke über Nacht für genesen erklärt. Laut Amtsangaben gab es am gestrigen Montag in Serbien nur noch 457 aktuell Infizierte. Seit Beginn der Pandemie wurden insgesamt 11.189 Krankheitsfälle gemeldet.

Serbien hatte seinerseits in den vergangenen Monaten kein Hehl aus seiner Unterstützung für die anhaltenden Proteste der serbisch-orthodoxen Kirche gegen das umstrittene Religionsgesetz in Montenegro gemacht. Die Protestwelle im Adria-Staat, die im März wegen der Coronavirus-Epidemie eingestellt worden war, soll laut Ankündigungen aus der Metropolie der serbisch-orthodoxen Kirche in Montenegro bald wieder aufgenommen werden.

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In Podgorica herrscht unterdessen nach wie vor die Überzeugung, dass Serbien vor knapp vier Jahren hinter einem Putschversuch im Adriastaat steckt. Neun serbische Staatsbürger, darunter ein ehemaliger Sonderpolizist, waren im Mai 2019 in Podgorica zu insgesamt 28 Jahren Haft verurteilt worden. Unter den Verurteilten befanden sich auch zwei Politiker der oppositionellen montenegrinischen Demokratischen Front (DF), Andrija Mandic und Milan Knezevic, die seit Jahren für ihre engen Kontakte zu Belgrad bekannt sind.

Belgrad hat – wie in der serbischen Hauptstadt auch dieser Tage zu hören war – nicht vergessen, dass Montenegro einer der ersten Staaten war, die im Jahr 2008 die Unabhängigkeit des Kosovo, der ehemaligen südserbischen Provinz, anerkannt hatten. Serbien lehnt die kosovarische Unabhängigkeit nach wie vor ab.

Montenegro würde weiterhin gute nachbarschaftliche Beziehungen mit Serbien anstreben, unterstrich Darmanovic gegenüber „Danas“. Sein Land wolle allerdings kein paternalistisches Verhalten akzeptieren.

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