Nach England-Drama will Verstappen fünften Spielberg-Sieg

Nur eine Woche nach dem Drama von Silverstone will Max Verstappen in Österreich zurück auf das Siegespodest. Spielberg ist ein halbes Heimrennen für den Holländer, der am Sonntag auf dem Red Bull Ring von seiner zehntausende Köpfe starken „Orange Army“ angefeuert wird und den bereits fünften Sieg in Österreich anpeilt. Nach nur Platz sieben in England kann der 24-jährige Weltmeister und WM-Leader auch dank eines Sprintrennens verlorenes Terrain aufholen.

Der im Vorjahr eingeführte Sprintbewerb über 100 Kilometer steigt in Spielberg am Samstag, das Qualifying dafür schon Freitag. Seit heuer werden Punkte für die schnellsten Acht vergeben und nicht mehr nur die Top drei wie im ursprünglichen Modus. Damit kann Verstappen, der schon bei der Saisonpremiere in Imola die Medaille und die acht Punkte für den Sieg geholt hat, den in Silverstone wegen eines Unterboden-Schadens – durch Unfallteile ausgerechnet vom Schwesternteam AlphaTauri – verlorenen Boden gutmachen.

Dabei hat Spielberg-Rekordsieger Verstappen mit Sergio Perez ohnehin den Teamkollegen als ersten Verfolger und selbst der liegt vor dem elften Saisonlauf 34 Punkte zurück. Der anfangs der Saison dominierende Ferrari-Pilot Charles Leclerc hat gar schon 43 Zähler Rückstand und zudem ein immer größer werdendes Problem. Während Perez bei Red Bull den „Wingman“ gibt und nur in Ausnahmesituationen wie Silverstone frei attackieren kann, darf sich Leclerc nur bedingt Schützenhilfe erwarten.

Am Sonntag etwa verweigerte Carlos Sainz in der Safety-Car-Phase nicht nur Unterstützung für den führenden Monegassen, sondern überholte danach den Teamkollegen beinhart und fuhr selbst zum ersten Sieg. Leclerc hingegen verpasste als Vierter zum fünften Mal in Folge das Podest, nachdem man ihm als einzigem keine neuen Reifen gegeben hatte. Was Teamboss Mattia Binotto seinem frustrierten Fahrer nach dem Rennen mit erhobenem Zeigefinger mitteilte, wurde nicht publik. Binotto insistierte nachher, dass Sainz keine Team-Anweisungen ignoriert habe.

Nachdem Ferrari zuvor trotz der sechs Poles von Leclerc immer wieder durch technische Probleme gestoppt worden war, hat man nach Ansicht vieler in Silverstone womöglich die WM endgültig verspielt. „Charles war klar schneller, aber man hat Sainz hereingeholt und frische Reifen gegeben. Eigentlich hat Ferrari alles falsch gemacht“, wunderte sich auch Matthias Lauda vom Sender ServusTV, der das kommende PS-Heimspektakel wieder wie ORF 1 live überträgt.

20 Jahre nachdem Ferrari in Österreich den großen Funk-Skandal von 2001 wiederholt und Michael Schumacher an Rubens Barrichello vorbei zum Sieg manövriert hatte, bekommt die Scuderia nun in Spielberg die nächste Gelegenheit, eine klare Richtung vorzugeben. „Mir ist nur recht, wenn Sainz und nicht Leclerc gewinnt“, feixte hingegen Red Bulls Motorsportdirektor Helmut Marko.

So oder so ist in Österreich mit Riesenstimmung und wie in Silverstone mit ausverkauftem Haus zu rechnen. Die Formel 1 boomt, an die 300.000 Fans werden beim legendären „Holiday-Grand-Prix“ im Murtal erstmals erwartet.

Großes Zugpferd dabei ist Verstappen. Obwohl nach sechs Siegen in Folge in England die Red-Bull-Serie gerissen ist, ist er der Mann der Stunde in der Formel 1. Der 24-Jährige hat nach seinem dramatischen WM-Coup vergangenen Dezember in Abu Dhabi weitere sechs Rennen gewonnen und kommt mit dem RB18 als idealem Gefährt an die Strecke.

Kamen Ferrari und speziell Mercedes zuletzt in Spielberg mit der kurzen und hügeligen Power-Strecke nicht optimal zurecht, hat das österreichische Team von Strecken-Eigentümer Dietrich Mateschitz nicht nur kaum „Porpoising“-Sorgen (“Hüpfen” der Autos), sondern vielmehr den idealen (Honda-)Turbolader für die Höhenlage des auf 670 Meter liegenden Red Bull Rings.

Mit dem Ergebnis, dass Verstappen von den jüngsten sechs Österreich-Rennen vier (2018, 2019 und beide 2021) gewonnen hat und Sonntag (15.00 Uhr) auf den Spielberg-Hattrick los geht, nachdem er im Vorjahr beide Male als Erster über den Zielstrich fuhr. Verstappen ist trotz des Rückschlages von Silverstone und der dortigen Buhrufe top motiviert.

„Er hat um Platz sieben gekämpft wie um den Sieg“, lobte Teamchef Christian Horner. Marko ist überzeugt: „Ohne Schaden hätte Max auch in Silverstone souverän gewonnen. Die spezielle Atmosphäre von Spielberg und nun vor seinen eigenen Fans zu fahren, wird ihn wie immer besonders beflügeln.“

Was sich Spielberg nicht wünscht, sind dramatische Unfälle wie jenen des Chinesen Zhou Guanyu in Silverstone oder gefährliche Protestaktionen auf der Strecke wie zuletzt am Renntag in England mit seinen gleich 142.000 Besuchern. Einer verbringt diesmal speziell viel Zeit in der grünen Mark. Fernando Alonso ist neuerdings ganz besonderer Österreich-Fan, reist nach eigenen Angaben früher an und bleibt nach dem Grand Prix eine weitere Woche. Auch der Spanier weiß: „Spielberg hat eigene Gesetze.“

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