Nach hohen Baukosten bekommen Bewohner auch Betriebskosten zu spüren

Neben den stark verteuerten Grund- und Baukosten werden die Bewohner auch in den gemeinnützigen Wohnhäusern bald die energiegetriebenen Betriebskosten zu spüren bekommen.

Gemeinnützigen-Verbands-Vizeobmann Herwig Pernsteiner geht von einem zumindest 15- bis 20-prozentigem Anstieg der Betriebskosten innerhalb eines Jahres aus, sagte er zur APA. Von den Zahlungen der Bewohner würden 60 Prozent auf Grund- und Baukostenrefinanzierung entfallen, 40 Prozent auf die Betriebskosten.

„Die Baupreise müssen sich abkühlen“, wünscht sich der neue GBV-Verbands-Obmann Klaus Baringer. Bisher hätten die Gemeinnützigen diese mit den extrem niedrigen Zinsen abfangen können.

Dass eine Abkühlung mithilfe einer in mehreren Bundesländern diskutierten Leerstandsabgabe erreicht werden kann, bezweifelt er, auch wenn er das Ziel, leerstehendes spekulatives „Betongold“ anzugehen, unterschreibt. Selbst wenn so 30.000 oder 40.000 Wohnungen auf den Markt kämen, sei die Treffsicherheit fraglich, gebe es doch seit der Jahrtausendwende um eine halbe Million mehr Menschen in Österreich.

Durch die Zinswende werde die Wohnbauförderung (WBF) wieder wichtiger als in der Zeit anderer günstiger Finanzierungen. Mittlerweile sind die kommenden EZB-Leitzinserhöhungen am langen Ende schon vorweggenommen, etwa beim Euribor-Swap. „Das wird verschärft auf uns zukommen im variablen Bereich, dann auch beim Fixzins“, so Baringer. Eine Möglichkeit wäre, den Baukostendeckel in der Wohnbauförderung zu streichen, so wie Wien seit zwei Jahren keinen WBF-Deckel mehr habe.

Bei den Fördermitteln gebe es einen konstanten Rückgang, da dürfe man sich nicht wundern, wenn der Sektor kleiner werde, kritisierte Baringer, Vorstandsdirektor der Gesiba. 2008 seien noch 1,84 Mrd. Euro in die Neubauförderung geflossen, 2020 nur mehr 1,29 Mrd. Euro. Selbst bei gleichem Etat ließen sich angesichts der Kostenanstiege nur noch weniger Wohnungen bauen, so Pernsteiner.

Auch wenn die gemeinnützigen Bauträger heuer weniger errichten als die Gewerblichen, bilde der Sektor mit insgesamt einer Million Wohnungen die Basis für besonders günstiges Wohnen, außerdem gebe es hier unbefristete Mietverträge, betonte Pernsteiner. Im GBV-Bestand liege die durchschnittliche Bruttomiete mit 7,4 Euro pro Quadratmeter um 23 Prozent unter jener der Gewerblichen.

Mieter und Eigentümer gemeinnütziger Wohnungen in Österreich ersparen sich laut einer Wifo-Studie von 2021 jährlich rund 1,3 Mrd. Euro an Kosten, vergleicht man ihre Wohnungen mit anderen gleicher Größe oder Ausstattung, erinnerte Baringer. Bei Mietwohnungen beträgt die Ersparnis monatlich 160 Euro bzw. 2,3 Euro pro m2.

GBV-Mietwohnungen seien im Schnitt mit 72 m2 um 7 m2 größer als jene von gewerblichen Bauträgern, und von den seit 2011 gebauten haben 97 Prozent irgendeine Form von Freiraum (Loggia, Balkon, Terrasse). Diese Kraftanstrengung wolle man aufrechterhalten, betonte der neue Obmann Baringer, der mit der Wahl am heutigen Verbandstag Bernd Rießland nachfolgt.

Vor fast eineinhalb Jahrzehnten hätten die Gemeinnützigen noch 73 Prozent der Mehrgeschoß-Wohnbauten in Österreich errichtet und die gewerblichen Bauträger nur 27 Prozent. Aktuell seien es seitens der Gemeinnützigen nur noch 37 Prozent im Mehrgeschoßwohnbau und rund 28 Prozent insgesamt (inklusive Einfamilienhäuser), durch die Preisanstiege womöglich aber wohl sogar nur noch 24 Prozent, rechnete Baringer vor. Der Sektor „leistbares Wohnen“ werde damit tendenziell kleiner – das gehöre aber wieder umgedreht, trotz der Grund-, Bau- und Finanzierungskosten-Thematik.

Angesichts der rasanten Baukostenanstiege müssen sich die Gemeinnützigen damit abfinden, dass sie nur noch bei den Hauptgewerken Fixpreise von den Baufirmen erhalten und damit fix kalkulieren können, so Pernsteiner: „Beim Material gehen wir ins Risiko.“ So müsse man dann notfalls bei Polystyrol- oder Styropor-Wärmedämmungen Preisaufschläge schlucken, die es seit der Auftragsvergabe gab; jedoch entfalle vom Gesamtpreis nur die Hälfte aufs Material, der Rest auf die Arbeitskosten.

Bei den Baukosten verspüre man freilich bereits eine leichte Abflachung, noch ehe das etwas zeitversetzt durch die Statistik Austria bekannt gegeben werde, sagte Pernsteiner. Der Peak werde also wohl bald erreicht sein, rechnet der Vizeobmann mit kaum mehr als ein, zwei Monaten weiterer Anstiege.

Am Montag hatte er in einem Pressegespräch beklagt, dass die Baukosten für den Wohnhaus- und Siedlungsbau binnen 16 Monaten, von Dezember 2020 bis April 2022, um knapp 23 Prozent geklettert sind. Die Material-Komponente hatte sich in der Zeit sogar um 42,5 Prozent verteuert.

Um die Wohnbaufinanzierung möglichst günstig zu halten, hätten viele gemeinnützige Bauvereinigungen Fixzinsvereinbarungen abgeschlossen, die teils bis 15 Jahre lang reichten, was ohnedies das Maximum sei, hatte Pernsteiner am Montag berichtet. Durchgerechnet sei höchstens ein Drittel der Kosten über Banken, also über den Markt finanziert. Jedoch hätten sich allein seit Jänner dieses Jahres die 10-jährigen Finanzierungen um 100 Basispunkte (ein Prozent) verteuert.

Trotz Corona-Krise haben die 185 gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) im Vorjahr in Österreich überdurchschnittlich viele Wohnungen errichtet. Die Zahl von 16.500 neuen Einheiten lag über dem 10-jährigen Schnitt, aber unter dem Spitzenjahr 2020, dem zweitbesten seit 1945.

Auch bei den in Bau stehenden GBV-Wohnungen bewegt man sich mit 32.000 über dem Schnitt. Der zehnjährige Fertigstellungs-Schnitt im Sektor macht 16.200 Wohnungen aus, bei den in Bau stehenden 31.000. Vor einem Jahr waren 33.000 Wohnungen in Bau, vor zwei Jahren 36.000 – der Höhepunkt ist auch hier überschritten.

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