Neuer Bruckner-Uni-Rektor ortet großen Bedarf an Musik

Martin Rummel, der neue Rektor der Bruckneruni, wird am Donnerstag offiziell in sein Amt eingeführt

Hat sich schon wieder gut in Linz und an seiner „alten Uni“ eingelebt: Martin Rummel
Hat sich schon wieder gut in Linz und an seiner „alten Uni“ eingelebt: Martin Rummel © Reinhard Winkler

Zwei Monate hat er sich intensiv eingearbeitet, seit Oktober steht er der Bruckneruniversität als Rektor vor und begleitet damit 900 Studierende aus 50 Nationen bei ihrer Ausbildung in Musik, Schauspiel und Tanz. Am Donnerstagabend findet die Inauguration von Martin Rummel (47) statt.

VOLKSBLATT: Herzlichen Glückwunsch zur Inauguration! Sie haben jetzt einen Monat Universitätsbetrieb hinter sich. Haben Sie sich schon eingelebt?

MARTIN RUMMEL: Das ist eine jener Aufgaben, wo man schnell die Füße auf dem Boden kriegen und schauen muss, dass man losrennt. Durch meine Einarbeitungszeit war es eine relativ sanfte Landung. Es kommt mir schon länger vor als ein Monat, aber im besten Sinn, das ist ja immerhin der schönste Arbeitsplatz von Linz (lacht und zeigt auf die Aussicht aus seinem Büro).

Konnten Sie schon hinter die Kulissen blicken?

Das ist ja das Erste, was man versuchen muss, ein Gefühl dafür zu kriegen, was die großen Themen und Entwicklungen im Haus sind. Das ist eine Mischung aus universitären Alltagsthemen, von Qualitätsmanagement und Digitalisierung des Studienbetriebs bis hin zur Überlegung, wo wir unser Studienangebot erweitern können. Der Job ist letztlich eine Doppelfunktion. Man ist akademisch mitverantwortlich für den Gesamtbetrieb, aber auch dafür, dass letztlich überall das Licht angeht.

Wie steht das Haus da?

Das Haus steht gut da, hat sich gut positioniert. Es ist ja für eine Universität gerade einmal fünf Minuten alt. 17 Jahre ist im großen Gesamtgeschehen in der Universitätenlandschaft noch sehr jung. Und dass der Vollausbau erreicht wurde vor drei Jahren, dass man für alle Ebenen – Bachelor, Master, Doktorat – ein Studienangebot hat und das in relativ kurzer Zeit auf einem hohen Niveau, das ist eine große Leistung. Auf der kann man jetzt sehr schön aufbauen.

Schaffen Sie es aktuell, Zeit zum Cellospielen und für Ihren Hund zu finden?

Naja, sicher. Das ist zwar ein 24/7-Job, weil die Verantwortung nicht aufhört, andersrum kann man ja deshalb nicht aufhören zu leben. Zu meinem Privatleben gehört halt auch das Cellospielen. Mich in Linz wieder einzuleben, war gar nicht so schwer, obwohl ich jetzt 30 Jahre weg war: Linz hat sich so wahnsinnig schön entwickelt, gerade rund um die Innenstadt, um die Donau herum.

Wie wurden Sie von den Studierenden aufgenommen, denen bestimmt bewusst ist, dass Sie nach einer Forscherin nicht nur einen Universitätsprofessor, sondern auch einen Praktiker an der Spitze haben, der eigene Musiclabels gegründet hat, Musikfestivals leitet und selbst ein bekannter Musiker ist.

Was die Studierenden betrifft und worauf sie reagieren, ist, ob man ihnen zuhört und sie ernst nimmt. Das versuche ich ständig, weil die Prämisse ist: Ohne Studierende gibt es keine Universität. Ich geh‘ auf die Leute zu, war auch auf dem Studentenfest, versuche, mit den Studierenden regelmäßig zu sprechen, sie einzubinden. Ich glaube, das nehmen sie wahr. Mein ganzes universitäres Denken ist auf die Studenten zentriert.

Wie wird aktuell im Haus mit Corona umgegangen?

Wir hatten institutsübergreifend in kurzer Zeit zehn Corona-Fälle und hatten deshalb letzte Woche neben den Feiertagen die drei Tage geschlossen, um neun Tage lang mögliche Übertragungen im Haus zu unterbrechen. Von nächster Woche an werden wir mit der 2,5G-Regel versuchen, bis Weihnachten zu kommen. Der Studiobetrieb im Haus für Musiker, Tänzer, Schauspieler ist anders als große Hörsäle. Auch Chöre und Orchester sind Thema, wo wir noch engmaschiger testen.

Sie haben in unserem ersten Gespräch von einer Liste kleiner Dinge, die man schnell ändern kann, gesprochen. Welche Neuerungen haben Sie schon eingeführt?

Wir haben die externen Vermietungen abgestellt, damit mehr Ressourcen im Haus frei sind. Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir unsere eigenen Veranstaltungen verstärkt bewerben. Es ist auch im Sinne der Nachhaltigkeit ganz wichtig, dass das, was wir machen, offen zugänglich ist, dass die Leute daran teilhaben können, was unsere Studierenden, Forschenden und Lehrenden auf die Bühne bringen. Und wir haben so kleine operative Dinge eingeführt, etwa Meetingroutinen und Büros herumgetauscht, damit Bewegung hineinkommt. Ich glaube ganz fest, dass alles nur im Team funktioniert.

Das Fächerangebot wurde ja in den letzten Jahren ständig weiter ausgebaut. Gibt es da aktuell Pläne?

Wir haben im Schauspiel derzeit nur ein Bachelor-Studium, das muss man angehen. Jedes universitäre Angebot muss hinaufgehen bis in die dritte Ebene, bis zum Doktorat. Das Institut für Alte Musik ist sehr klein derzeit noch, da muss man überlegen, wie man mit dem wachsende Interesse der Studierenden umgeht. Gemeinsam mit der Linzer und der Grazer Kunstuniversität denken wir über ein gemeinsames postgraduales Angebot nach.

Haben Sie Ihr Netzwerk schon für Kooperationen nutzen können?

International ist das natürlich gerade ein bisschen schwierig. Zu meiner Inauguration kommt Kaarlo Hilden, Rektor der Uniarts Helsinki, das ist einer meiner Wegbegleiter und er wird auch hier sprechen, auch als Signal, dass internationale Verbindungen hierhin genützt werden. Was wieder anläuft, sind diverse Erasmus-Geschichten. Da kann ich auch bei manchen Institutionen helfen, weil ich die handelnden Personen gut kenne.

Gemeinsam mit dem Bruckner Orchester soll eine Kammermusik-Reihe geplant sein?

Norbert Trawöger und ich haben uns das überlegt. Wenn Studierende mit Profis spielen, lernen sie am meisten. Und viele Orchestermusiker haben auch Lust, Kammermusik zu machen. Vielleicht schaffen wir das zur nächsten Saison oder zum nächsten Studienjahr.

Es gibt ja schon eine Zusammenarbeit mit dem AEC zum Thema elektronische Musik. Eine Schiene, die man weiter forcieren könnte, um sich neben Häusern wie dem Mozarteum zu positionieren?

Da gibt es langjährige Kooperationen, die laufen weiter. Das AEC hat es auf eine international viel beachtete Ebene geschafft und je mehr wir das schwerpunktmäßig in unser Curriculum integrieren, desto alleinstehender sind wir als Universität.

Oder schafft man sich bei der Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz (KI), die ja auch schon komponieren kann, als menschlicher Komponist Konkurrenz?

Das glaube ich nicht. Ich kenne so Geschichten, wo die KI zum Beispiel eher auf der Produktionsebene eingesetzt wird, für Gebrauchsmusik für Filme, Spiele oder in der Werbung. Wenn ich da am Computer komponiere, schaut das aus wie das perfekte Gesicht, also völlig unnatürlich und hört sich auch so an. KI kann das menschlich klingen lassen, indem kleine Ungereimtheiten künstlich draufgelegt werden. Das ist nicht immer nur Konkurrenz, sondern auch sinnvolle Ergänzung. Das Live-Erlebnis wird dadurch nie ersetzt, aber der Bedarf an Musik, wenn man etwa in Richtung Sounddesign denkt, wird immer größer. Da gibt es eine kommerzielle Schiene, die auch ein Berufsweg ist für Studierende.

Es gab wiederholt Kritik am angeblich schlecht aufgestellten Opernstudio gegeben. Was halten Sie dem entgegen?

Erst einmal den Erfolg der Studierenden, die aus dem Haus kommen. Viele gehen sofort in Engagements. Das heißt aber nicht, dass man sich nicht auch dort ständig weiterentwickeln muss. Aber wenn ich sehe, mit welcher Berufspraxis die Studierenden hinausgehen, kann es nicht so schlecht sein.

Wie fühlen Sie sich vor Ihrer Inauguration?

Es gab eine leichte Aufregung in dem Sinn, dass das Corona-Testergebnis positiv sein könnte, denn dann hätten wir wirklich ein Problem gehabt. Ich freue mich darauf, weil natürlich auch viele Leute kommen, die ich lange nicht gesehen habe. Und das ist auch für eine Institution gut, da geht es nicht um meine Person, sondern drum, dass das Haus einen neuen Schritt geht, und der hängt halt mit mir zusammen, und das ist zu feiern.

Mit Rektor MARTIN RUMMEL sprach Melanie Wagenhofer

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