Nicholas Ofczarek über die absolute „Verliergeschichte“

Nicholas Ofczarek spielt in der Sky-Serie „Die Ibiza-Affäre“ Privatdetektiv Julian Hessenthaler

Nicholas Ofczarek in seiner Rolle als Julian H.
Nicholas Ofczarek in seiner Rolle als Julian H. © Sky Deutschland/W&B Television/epo film/Petro Domenigg

Nicholas Ofcarek hat einen eigenen Stil kreiert, der auf der Bühne, im TV und im Kino wuchtiges, uneitles Spiel mit einer latenten Bedrohung vereint.

Nun spielt der 50-Jährige in der neuen Sky-Serie „Die Ibiza-Affäre“ den Privatdetektiv, der hinter dem Dreh das amtsbekannten Strache-Videos stand.

Eigentlich ist die ganze Ibiza-Affäre eine reine Verlierergeschichte, was dramaturgisch auf den ersten Blick wenig spannend klingt …

NICHOLAS OFCZAREK: Es ist eine absolute Verliergeschichte, nicht einmal eine mit einem Antihelden! Gibt es da einen Gewinner? Ich glaube nicht. Ich fand in jedem Fall die Frage spannend, wie man solch eine Geschichte aufziehen kann, wenn man sich den Ereignissen nach so kurzer Zeit künstlerisch nähert. Was will man erzählen? Und die Drehbuchvariante, verschiedene Zeitebenen und Geschichten zusammenlaufen zu lassen, fand ich sehr interessant.

Sie spielen dabei die zentrale Person Julian Hessenthaler, den Privatdetektiv. Dessen Motivation bleibt einem als Zuschauer bis zum Schluss unklar …

Er bleibt eine rätselhafte Person. Ich wollte das Rätsel um diesen Mann aber auch gar nicht gelöst wissen. Ich finde es gut, dass nicht wirklich auserzählt wird, wer dieser Mann eigentlich ist, woher er kommt. Wir wissen nach wie vor wenig über ihn.

Haben Sie sich dennoch im Vorfeld detailliert mit Hessenthaler als Vorbereitung auf Ihre Rolle befasst?

Nachdem wir Julian Hessenthaler — im Gegensatz zu Heinz Christian Strache oder Johann Gudenus — ja nicht kennen, hatte ich da keine Motivation. Ich habe natürlich schon einmal überlegt, ihn anzuschreiben, nachdem er bereits im Gefängnis gesessen ist. Aber letztlich: Welche Erkenntnisse hätte ich daraus ziehen sollen? Man kann als Schauspieler beim Dreh ja nur das spielen, was zuvor erdacht wurde.

Optisch und im Hinblick auf die nicht chronologische Narration spielt „Die Ibiza-Affäre“ in einer internationalen Liga. Sind die Streamingkonzerne wie Sky einfach mutiger als die Öffentlich-Rechtlichen?

Ich arbeite sehr gerne mit Sky, weil die hochprofessionell sind und sich von der Erzählweise nochmals mehr trauen. Alleine eine Miniserie mit vier Folgen ist ein ungewöhnliches Format. Es war eine wirklich tolle Arbeit — gut, was soll ich jetzt auch anderes sagen? (lacht) Aber in diesem Fall war es wirklich so! Ich habe zwar auch gute Sachen mit den Öffentlich-Rechtlichen gemacht. Aber es stimmt: Die müssen und dürfen sich manchmal etwas mehr trauen. Ein Risiko einzugehen ist immer gut.

Hätten wir vor zwei Wochen miteinander gesprochen, wäre Ibiza der Skandal der österreichischen Innenpolitik schlechthin gewesen. Nun rückt er angesichts der aktuellen Ereignisse schon beinahe etwas in den Hintergrund …

Wahnsinn! Und dabei ist das Thema dasselbe: Kompletter, sichtbar gewordener moralischer Verfall in der Politik. Das kann ich persönlich noch gar nicht werten — es macht mich im Moment schlicht fassungslos und sprachlos. Es ist fast bedrückend.

Ist hier nicht der Peak vielleicht auch schon überschritten?

Das dachte man nach Ibiza auch — und dann kam jetzt der aktuelle Skandal. Und da kommt noch einiges, vermute ich. Die Dokumentationsform ist eine andere, aber ob wir jemals erfahren werden, was wirklich alles dahintersteckt … Ich finde es ja bezeichnend, dass weder Julian Hessenthaler noch der Anwalt Ramin Mirfakhrai Ibiza betreffend je strafrechtlich verfolgt wurden. Der Herr Hessenthaler muss sich nun plötzlich wegen einer Drogengeschichte vor Gericht verantworten. Bevor er nach Österreich überstellt wurde, hat er vor dem Bundestag noch in der Wirecard-Affäre ausgesagt. Da fragt man sich auch: Was ist da los?

Kann hier eine Serie wie „Die Ibiza-Affäre“ auch ein aufklärerisches Momentum sein?

Es ist zunächst einmal eine wirklich gute Story! Und natürlich ist es Fiktion und soll unterhalten. Aber wenn man das Ganze so komprimiert sieht, ist es schon noch einmal erschreckend. Wie verkommen ist vieles mittlerweile schon?!

Zum Abschluss noch der Blick auf ihre Theaterkarriere: Am 18. November stehen Sie im Burgtheater in den „Geschichten aus dem Wiener Wald“ in der Inszenierung von Johan Simons nach längerer Absenz wieder auf die Bühne …

Das letzte Mal bin ich im September 2020 aufgetreten — dann war wieder Lockdown. Und es ist die erste Neuproduktion nach über zwei Jahren.

Die von Ihnen ausgerufene Phase des Zurückstehens vom Theater ist damit nun wieder vorbei?

Na ja, ich trete ja wieder auf. (lacht) Interessanterweise wäre mein Leben ja wegen der Pandemie auch ohne diese Ankündigung so verlaufen. In Krisenzeiten wird sehr viel gedreht, und das hat mir auch gut getan. Es war gut, mal etwas anderes zu machen. Ich werde weiterhin versuchen, hier die Balance zu halten und nicht ausschließlich Theater zu spielen oder ausschließlich zu drehen.

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