Meinung

von Christian Haubner

Nicht einfach passiert

Kommentar zu diplomatischen Sitzordnungen.

Man kann der Meinung sein, dass Fragen der Sitzordnung nicht von überbordender Bedeutung sind.

Das mag vielleicht für den Privatbereich gelten – allerdings auch nur bedingt: Wer schon einmal eine Hochzeitsfeier oder eine große Geburtstagsfeier ausgerichtet hat, weiß ein Lied davon zu singen, wie viel Hirnschmalz man auf diese Frage verwendet.

In diplomatischen und höchsten politischen Kreisen sind solche Themen von eminenter Bedeutung. Man darf also getrost davon ausgehen, dass den türkischen Gastgebern der Fauxpas beim Besuch der EU-Spitzen in Person von Ursula von der Leyen und Charles Michel nicht einfach nur passiert ist.

Es dürfte vielmehr ein sehr kalkulierter Affront gewesen sein, dass Michel auf Augenhöhe direkt neben dem türkischen Präsidenten Platz nehmen durfte, während sich die protokollarisch auf selber Ebene stehende Kommissionspräsidentin von der Leyen zunächst unsicher umsehen musste, um dann auf einer weiter entfernten niedrigen Couch Platz zu nehmen.

Es passt ins Bild einer Türkei, die alles andere als ein Vorbild bei der Achtung von Frauenrechten ist. Der fehlende Sessel ist durchaus ein Zeichen fehlenden Respekts – einerseits gegenüber der EU-Kommission, andererseits gegenüber einer Frau in der EU-Spitzenposition. Beides ist nicht akzeptabel.

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