Nicht Fisch, nicht Fleisch…

Zwischen Realität und Fiktion: Vargas Llosas Roman „Harte Jahre“

Mario Vargas Llosa: Harte Jahre. Suhrkamp Verlag, 412 Seiten, 24,70 Euro. © Suhrkamp Verlag

In „Harte Jahre“ schildert Perus Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa, wie die USA in den 1950er-Jahren Knospen der Demokratie in Guatemala zerstörten. Ein Hauptstrang der Erzählung sind die umstürzlerischen Ereignisse, die 1954 den mittelamerikanischen Staat erschütterten.

Damals wurde der reformwillige Präsident Jacobo Arbenz mit Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA gestürzt. Basis dafür war, so insinuiert Vargas Llosa, eine dreist in die Welt gesetzte Lüge der amerikanischen United Fruit Company.

Die Geschichte in Guatemala und damit auch in dem Roman nimmt einen blutigen Verlauf: Der Anführer des Putsches, Carlos Castillo Armas, wird selbst Präsident. Er nimmt soziale Maßnahmen und Reformen wieder zurück. Vargas Llosa zeichnet v. a. den Machtkampf und die Sozialgeflechte rund um den Putsch präzise nach. Er schildert die Jahre drum herum, mit zeitlichen Sprüngen, Vor- und Rückblenden sowie Ortswechseln. Die historisch-politische Ebene wird sehr genau ausgebreitet.

Viele der handelnden Personen sind historisch belegt, darunter die Geliebte von Castillo Armas, im Roman wegen ihrer Männer-betörenden Anmut auch „Miss Guatemala“ genannt. Der Autor vaziert zwischen Literatur und Reportage, es ist manchmal schwer einzuschätzen, wo die Beschreibung von Tatsachen endet und die dichterische Freiheit beginnt.

Und gerade das verstört. Mitunter scheint der Autor zu sehr im Faktencheck gefangen zu sein. Das geht auf Kosten der schreiberischen Entfaltung. „Harte Jahre“ ist nicht Fisch, nicht Fleisch, zumindest aber gelingt es Vargas Llosa, ein weniger bekanntes Kapitel (latein)amerikanischer Geschichte in Erinnerung zu rufen.

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