Österreich trotzte Weltmeister Frankreich 1:1 ab

Acht Minuten trennte das österreichische Fußball-Nationalteam von der ganz großen Sensation in der Nations League gegen Weltmeister Frankreich. Doch auch für das 1:1 im rappelvollen Ernst-Happel-Stadion gebührt der ÖFB-Auswahl, die ihre starken Leistungen von zuletzt noch ein mal übertraf, allergrößter Respekt.

Das Nationalteam ist kurz davor, aus dem wiedergewonnenen Fan-Zuspruch endgültig eine riesige Euphorie zu entfachen. Erstmals seit dem freundschaftlichen Länderspiel im Juni 2018 gegen Rekordweltmeister Brasilien war das Happel-Stadion – mit Ausnahme des Gästesektors – mit 44.800 Fans wieder ausverkauft. Und die Anwesenden zeigten eindrucksvoll, dass selbst im altehrwürdigen Oval im Prater, das keineswegs den Ansprüchen einer modernen Fußball-Arena gerecht wird, so richtig Stimmung aufkommen kann.

ÖFB-Team verteidigte diszipliniert

Nach vorne gepeitscht von einem enthusiastischen Publikum brachte die ÖFB-Auswahl auch gegen den Weltmeister jene neuen Attribute auf den wieder sanierten Rasen, die das rot-weiß-rote Team schon in den ersten beiden Partien ausgezeichnet hatte: Mut, Intensität, Aggressivität und Selbstbewusstsein.

Teamchef Ralf Rangnick baute erneut auf eine 4-2-2-2-Grundformation, Xaver Schlager und Konrad Laimer durften dabei zum dritten Mal in Folge beginnen. Im Tor schenkte Rangnick erneut Patrick Pentz das Vertrauen, wohl auch, weil er sich als hervorragender Fußballer und damit bestens geeignet für einen kontinuierlichen Spielaufbau hervortat, was er auch gegen die Equipe Tricolore mehrmals unter Beweis stellte.

Die Franzosen hatten zu Beginn wie erwartet mehr vom Spiel, ließen mit dem Ball am Fuß immer wieder ihre Extraklasse aufblitzen. Doch Österreich verteidigte taktisch diszipliniert und mit enormer Leidenschaft, stellte die Passwege immer wieder geschickt zu und lauerte selbst auf schnelle Umschaltmomente, die man aber nicht optimal zu Ende spielte. Vor dem eigenen Tor brannte es zunächst nur einmal: Einen unangenehmen Freistoß der Gäste wehrte Penz ab und rettete im Liegen noch einmal gegen Benzema, ehe Maximilian Wöber das Leder aus der Gefahrenzone beförderte (18.).

Perfekt herausgespielte Führung

Nach 37 Minuten taten die Österreicher dann das, was zuletzt noch den Dänen gelungen war: Mit der ersten echten Torgelegenheit in Führung zu gehen. Ballgewinn von Schlager im Mittelfeld, Marko Arnautovic bediente den ihn hinterlaufenden Laimer, dessen Querpass Andreas Weimann im Tor unterbrachte – ein sensationell herausgespielter Treffer, der das Happel-Oval zum Beben brachte!

Kurz vor der Pause konnte sich Pentz noch einmal gegen Benzema auszeichnen (42.), zuvor scheiterte Arnautovic an Frankreich-Goalie Lloris (40.). Nach dem Wechsel erhöhten “Les Bleus” den Druck dann noch einmal. In dieser Phase ließen die Franzosen den Ball gut laufen und zwangen die ÖFB-Elf, viele Meter zu machen, während es nach vorne kaum noch Entlastung gab. Speziell über außen setzten sich die dribbelstarken Coman und Diaby immer wieder durch, doch die Hausherren verhinderten mit einer guten Strafraumverteidigung den Ausgleich. Die besten Möglichkeiten vergaben Benzema per Volley (51.) und Coman (56.).

Aufopfernd, unermüdlich, leidenschaftlich

Mit den Einwechslungen von frischen Kräften wie Gregoritsch oder Onisiwo konnte Österreich danach wieder für etwas mehr Entlastung sorgen. Beeindruckend war aber vor allem die enorme Leidenschaft, mit der die Mannschaft in jedem Zweikampf, in jedem Laufduell zu Werke ging und sich jeder einzelne Spieler förmlich zerriss. Bezeichnend: Ein Ballgewinn von Arnautovic im Mittelfeld, für den er gefeiert wurde wie für einen Siegtreffer.

Frankreichs Ass im Ärmel

Doch der Weltmeister hatte noch ein Ass im Ärmel: Teamchef Didier Deschamps brachte Superstar Kylian Mbappe ins Spiel. Wohl dem, der über einen solchen Joker im Talon verfügt. Just der Paris-Angreifer war es, der der ganz großen Sensation acht Minuten vor dem Ende einen Strich durch die Rechnung machte. Während man auch dank der Umstellung auf eine Fünferkette gegen den Ball – indem sich Sabitzer zurückfallen ließ – die Offensivbemühungen des Gegners nun eigentlich wieder besser im Griff hatte, war es ein unnötiger Ballverlust in der Vorwärtsbewegung nach einem eigenen Freistoß, der den Sieg kostete. Die Restverteidigung war dieses eine Mal nicht perfekt organisiert, der steil geschickte Mbappe enteilte nach einem perfekten Umschaltmoment allen und knallte das Leder zum 1:1 unter die Latte (83.).

In den Schlussminuten drängten die Franzosen noch einmal auf den Sieg, hatten auch zwei Riesengelegenheiten – doch abermals war es Patrick Pentz, der seine Kollegen mit zwei Glanztaten vor einem weiteren Verlusttreffer bewahrte. Als der Schlusspfiff ertönte, sanken die Österreicher zunächst erschöpft auf den Rasen, um sich danach völlig zurecht von den Fans feiern zu lassen. Dass ob des vergebenen Sieges dennoch Bitternis und sogar Ärger in den anschließenden Interviews mitschwang, spricht für die neuen eigenen Ansprüche im Nationalteam.

Von Christoph Gaigg aus Wien

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