ÖVP fordert Bundesstaatsanwalt

Für ÖVP-Klubchef Wöginger sind Auslöser die „Justiz-Verfehlungen“

August Wöginger
August Wöginger © APA/Pfarrhofer

„Nach zahlreichen Vorfällen“ ist für ÖVP-Klubchef August Wöginger klar: „Es braucht einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt.“

Anlass für die ÖVP-Initiative sind wohl auch die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), die zuletzt trotz einer nicht allzu eindeutigen Verdachtslage zu einer Hausdurchsuchung beim Ressortchef geführt hatten.

Nicht zuletzt habe es immer wieder Leaks gegeben, die dazu geführt hätten, dass Verfahren medial ausgetragen würden und es zu einer Vorverurteilung von unschuldigen Betroffenen komme, schreibt Wöginger.

Und auch Bundeskanzler Sebastian Kurz sieht Handlungsbedarf : „Es hat so viele Verfehlungen gegeben, dass ich glaube, dass es dort dringenden Änderungsbedarf gibt.“ Kurz führte alles aus, womit die Staatsanwaltschaft während der vergangenen Monate in die Schlagzeilen gekommen war: die rechtswidrige Hausdurchsuchung im BVT, eine Anzeige gegen eine Journalistin sowie gegenseitige Abhörungen und Anzeigen innerhalb der Beamtenschaft, womit auf den Dauerkonflikt zwischen WKStA und Oberstaatsanwaltschaft bzw. Sektionschef Christian Pilnacek angespielt wird.


„Nach zahlreichen Verfehlungen kann ich nur sagen, so kann es nicht weitergehen: Es braucht einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt.“

Zitat: August WÖGINGER, ÖVP-Klubobmann


Zudem seien in den letzten Jahren von 40.000 Beschuldigten nur 400 überführt worden. „Damit war von 100 nur einer schuldig, 99 sind es nicht.“ Die zu Unrecht Beschuldigten seien aber oft in der Öffentlichkeit gestanden und ihre Karieren seien zerstört worden, so Kurz.

Die ÖVP sei lange gegen diese Reform gewesen, habe nun aber ihre Meinung geändert. Andere Länder hätten diese Probleme nicht. Daher will sich die ÖVP ein Beispiel an den Generalbundesanwälten in Deutschland und der Schweiz nehmen.

Breite Diskussion

Bezüglich der Umsetzung meint Klubchef Wöginger, es solle eine Diskussion mit Rechtsanwälten, Richtern, Staatsanwälten, der Wissenschaft und dem Parlament geben. „Ich hoffe, wir können hier auf eine breite Mehrheit bauen und die Justiz gemeinsam stärken“, ergänzt ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker. Ziel sei eine doppelte Kontrolle der Staatsanwaltschaften durch Richter im Vorverfahren und parlamentarische Kontrolle.

Die SPÖ verwies darauf, dass man seit 20 Jahren einen Bundesstaatsanwalt fordere. Justizsprecherin Selma Yildirim will konkret einen vom Parlament gewählten, unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalt als Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltschaftlichen Behörden. Dieser soll auf eine Dauer von zwölf Jahren bestellt werden und nicht wiedergewählt werden können.

Vorsichtig skeptisch zeigten sich die Freiheitlichen. „Das wird man sich anschauen, wie dieser Bundesstaatsanwalt ausgestattet sein soll“, sagte deren Fraktionsführer im Ibiza-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker.

Die Neos reagierten abwartend bis spöttisch: „Wir sehen, was in diesem Land plötzlich möglich ist, wenn die ÖVP unter Druck gerät“, meinte Justizsprecher Johannes Margreiter.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) freut sich, dass die ÖVP „endlich“ nachgebe. Die Ereignisse der letzten Jahre hätten die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme deutlich vor Augen geführt. Das zuständige Justizministerium werde dieses Vorhaben so rasch als möglich in Angriff nehmen.

Die Vereinigung der Staatsanwälte will, dass eine vom Bundespräsidenten eingesetzte Kommission mit Experten aus der Justiz den geplanten Bundesstaatsanwalt einsetzt. Sogar noch besser wäre die Einrichtung eines „Rat der Gerichtsbarkeit“, so Vorsitzende Cornelia Koller.

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